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„Das waren tote Ecken“

KUNST Mit einer Radioaktion widmet sich die Weserburg dem öffentlichen Raum

Foto: Bettina Brachvvv
Anne Thurmann-Jajes

53, ist Leiterin des Studienzentrums für Künstlerpublikationen in der Weserburg und lehrt am Institut für Kunstwissenschaft der Uni Bremen.

taz: Frau Thurmann-Jajes, Sie veranstalten ein Picknick mit gemeinschaftlichem Radiohören. Wie passt das in die digitale Welt von heute?

Anne Thurmann-Jajes: In der Tat kommunizieren heute viele Menschen überwiegend über digitale Medien, nutzen das Smartphone für Facebook oder Mails, hören Webradio, und immer mehr Besucher filmen und fotografieren in unseren Kunstausstellungen. So gucken viele nur noch durch ihr Smartphone auf die Welt. Die Leute treffen sich aber auch ganz spontan für gemeinsame Aktionen im öffentlichen Raum. Mit dem Picknick wollen wir genau diese Gemeinsamkeit schaffen. Es sind alle aufgerufen, ihre tragbaren Radiogeräte mitzubringen. Die Menschen können über das Programm diskutieren, sich austauschen.

Welches Programm läuft?

Wir hören eine Radiosendung bei Radio Weser TV, die speziell für dieses Picknick produziert wurde. Sie beinhaltet Kunstwerke auf akustischer Basis. Das kann alles sein – etwa ein Musikstück oder ein Sprachbeitrag. Zudem gibt es eine Live-Performance von der Komponistin Gabriele Hasler, die mit den Besuchern ein eigenes Stück entstehen lässt. Eines haben die Werke gemeinsam: Sie beschäftigen sich mit dem Thema „Öffentlicher Raum“ – passend zu unserer aktuellen Ausstellung „Im Inneren der Stadt“.

Wodurch zeichnet sich der öffentliche Raum aus?

Er ist nicht mehr wirklich frei. Die Öffentlichkeit hat immer mehr Flächen, die entweder privat oder kommerziell genutzt werden. Früher gab es Plätze ohne Überwachungskameras und ähnliche Kontrollen. Man konnte irgendetwas machen, ohne verscheucht zu werden. Das waren tote Ecken. Heute sind nahezu alle Flächen reglementiert und einer Ordnung unterworfen. Genau das möchten wir thematisieren und schauen, wie Künstler damit umgehen und wie sie die Öffentlichkeit nutzen.

Mit dem Picknick bewegen Sie sich selbst im öffentlichen Raum. Mussten Sie das nicht auch genehmigen lassen?

Natürlich haben wir beim Umweltbetrieb Bremen gefragt, ob wir das dürfen. Das müssen wir auch, wenn wir da als Museum etwas planen. Das gilt für alle unsere Aktionen. Manchmal müssen sogar fünf, sechs verschiedene Ämter eingebunden werden.

Interview: Laurin Meyer

„Picknick mit Radio und Performance“, 13 Uhr, Schlosspark Sebaldsbrück

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