Handball-Bundesliga: Plötzlich Favorit

Die SG Flensburg-Handewitt hat sich zur neuen Saison besser verstärkt als Nordrivale THW Kiel. Das wurde beim 30:25 im Duell am Sonntag deutlich.

Harter Kampf im Nord-Duell: Flensburgs Thomas Morgensen gegen die Kieler Rune Dahmke (l.) und Rene Toft Hansen. Foto: Daniel Reinhardt/dpa

FLENSBURG taz | Schon kurz vor dem Schlusspfiff sang der Flensburger Anhang das Lied von der Nummer Eins im Norden, die sie nun selbst zu sein beanspruchen. Mit einem nie ernsthaft gefährdeten 30:25-Sieg untermauerten die Handballer der SG Flensburg Handewitt ihre Ambitionen, in dieser Saison nicht nur vor dem THW Kiel zu stehen, sondern bis zum Schluss um die deutsche Meisterschaft mitspielen zu wollen.

Die meisten verkauften Dauerkartens seit zehn Jahren, mit 6,5 Millionen Euro der höchste Etat aller Zeiten – das, was die Ökonomen Benchmarks nennen, sprach schon vor Beginn dieser Bundesligasaison für eine Offensive des Pokalsiegers. Dennoch musste mehr dahinterstecken, wenn die Handballexperten den Dritten der vergangenen Saison plötzlich auf Augenhöhe mit den Kielern sahen, obwohl die dem alten Nord-Rivalen am Saisonende um elf Punkte enteilt waren. Bei einer Umfrage unter den Bundesligatrainern wurden die Flensburger fast genauso oft als Favoriten gesehen wie die Kieler. Was ist im Sommer passiert?

„Wir haben den stärksten Kader, seit ich hier bin“, lüftete Flensburgs Trainer Ljubomir Vranjes das Geheimnis. „Wenn wir nicht besser werden, dann liegt es an mir.“ Dass er sich selbst so in die Pflicht nahm, lag daran, dass das Interesse europäischer Spitzenklubs an ihm den Druck auf Geschäftsführer Dierk Schmäschke erhöht hatte, hochkarätige Neuverpflichtungen an Land zu ziehen. Statt wie in den letzten Jahren einen Aderlass zuzulassen, holten die Flensburger Rückraumspieler Petar Djordjic, Kreisläufer Henrik Toft Hansen sowie Spielmacher Kentin Mahé vom HSV. Zudem wechselte der Rückraumspieler Rasmus Lauge nach Flensburg.

Der wurfgewaltige Däne ist nicht der einzige Verlust für den Kieler Rückraum. Aron Palmarsson wechselte nach Veszprem und vor allem schmerzt der Abgang von Kapitän Filip Jicha zum FC Barcelona. Kurzfristig wurde für ihn zwar der norwegische Nationalspieler Erlend Marmelund verpflichtet, dennoch sagte Vranjes vor dem Spiel: „Ich kenne den THW anders, normalerweis hat er ganz andere Kaliber verpflichtet.“

Anders als in den letzten Jahren konnten die Flensburger, die wie ihr Gegner die ersten beiden Saisonspiele gewonnen hatten, bei der Aufstellung aus dem Vollen schöpfen – jede Position ist derzeit hochkarätig doppelt besetzt. Das frenetische Flensburger Publikum entfachte von Beginn an eine hitzige Atmosphäre. So entwickelte sich ein schneller, vor allem aber aggressiver Schlagabtausch mit vielen Nickligkeiten, Zeitstrafen und Siebenmetern. Zur 15:12-Pausenführung der Flensburger trugen die überragenden Außenspieler Lasse Svan und Anders Eggert allein zehn Treffer bei. Auch das Duell der Torhüter entschied Mattias Andersson klar gegen den dänischen Neuzugang Niklas Landin auf Kieler Seite, der früh gegen Nikolas Katsigiannis ausgewechselt wurde.

In der Anfangsphase der zweiten Hälfte hielt Kiels Spielmacher Domagoj Duvnjak sein Team mit vier Treffern Toren in der Partie. Zunehmend wurde aber deutlich, wie sehr dem Meister Filip Jicha auf dieser Position fehlt. Besonders feierte das Publikum das erste Tor von Publikumsliebling Holger Glandorf in der 38. Minute, der in der letzten Saison lange verletzt war und nun durchspielte. Ansonsten hielt sich der Flensburger Rückraum mit Toren stark zurück – was neben der hohen Zahl an Zeitstrafen auf Seite des Gastgebers dazu führte, dass das Spiel bis in die Schlussphase spannend blieb. Die SG baute ihren Vorsprung letztlich doch noch aus, weil die Trümpfe der ersten Hälfte wieder stachen – im Tor und auf Außen. Damit reist die SG als Meisterschaftsfavorit am Mittwoch zum HSV Handball.

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