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„Die Kirche ist überfüllt“

Ansturm Die Harburger „Punkt 11“-Gottesdienste laufen so gut, dass es nun Streit darum gibt

Burkhard Senf

44, ist seit neun Jahren einer von zwei Pastoren an der evangelisch-lutherischen Apostelkirche in Harburg.

taz: Herr Senf, warum hat Ihre Gemeinde vor einem Jahr die „Punkt 11“-Gottesdienste eingeführt?

Burkhard Senf: Wir hatten einen Gottesdienst, der sehr gut lief: den „Welcome Gottesdienst“ einmal monatlich sonntags um 11 Uhr. An den anderen Sonntagen hatten wir einen „klassischen“ 10.30- und einen 18-Uhr-Gottesdienst, die auch recht gut liefen.

Wie gut?

Um 10.30 Uhr kamen rund 70 Menschen, um 18 Uhr bis zu 130. Zum „Welcome Gottesdienst aber 250 – vor allem Familien mit Kindern. Die wollten gern öfter kommen, weshalb wir beschlossen haben, diesen Gottesdienst „Punkt 11“ zu nennen und zweimal monatlich abzuhalten. Dafür können aber die anderen beiden Gottesdienstformen auch nur noch zweimal monatlich stattfinden, und das finden nicht alle gut.

Deshalb laden Sie heute zum Gemeindeforum.

Ja, auch. Wir als Kirchengemeinderat finden die jetzige Lösung gerecht. Zudem zieht „Punkt 11“ bis zu 250 Menschen an; die Kirche ist überfüllt und platzt aus allen Nähten. Wir sind also auf dem richtigen Weg.

Das sagen Sie.

Ja. Es gibt durchaus verschiedene Strömungen in der Gemeinde, und wir werden die Leute heute Abend erst mal durchwürfeln, damit nicht immer dieselben zusammensitzen, sondern lernen, die jeweils anderen anzuhören und zu verstehen.

Warum, denken Sie, läuft „Punkt 11“ so gut?

Einerseits war hier immer eine lebendige Gemeinde. Andererseits haben heute viele keinen Zugang zu Kirche in traditioneller Form, zu Orgelmusik. Die sagen vielleicht, da gibt es einen neuen Gottesdienst, der eine Band und ein aktuelles Motto hat. Denn wir predigen nicht die traditionellen Predigt­reihen, sondern lebensnähere. Die aktuelle Reihe heißt: „Wenn Glaube auf Alltag trifft“.

„Punkt 11“ ist auch für Nichtchristen gedacht. Könnte ein Muslim, ein Jude am Abendmahl teilnehmen?

Wenn sie sich dazu eingeladen fühlen, sind sie willkommen. Wir haben allerdings in erster Linie an diejenigen gedacht, die nicht mehr Mitglied der Kirche sind.

„Punkt 11“ zielt also auf Wiedereintritt und Mission?

Ja – wobei ich das umstrittene Wort „Mission“ positiv und tolerant verstanden wissen möchte.

Interview: PS

Gemeindeforum „Wie wollen wir im Jahr 2019 unsere Gottesdienste feiern?“: 19 Uhr, Apostelkirche Harburg, Hainholzweg 52

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