Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig ist schwanger und will – oh schreck – keine Elternzeit nehmen
: „Rabenmutter“ ist ein sehr deutsches Wort

Foto: F.: Ute Mahler/Ostkreuz

Zumutung

von Anja Maier

Was für eine Freude. Manuela Schwesig, unser aller Bundesfamilienministerin, kriegt noch was Kleines. Mit stolzen 41 Jahren folgt im März Kind Numero zwo. Schwesigs Sohn ist im Grundschulalter.

Mit ihrer Schwangerschaft tritt die Ministerin – zumindest biografisch – die Nachfolge von Kristina Schröder an. Die einstige CDU-Familienministerin war das erste Regierungsmitglied, das während seiner Amtszeit ein Kind bekam.

So jedenfalls würde man das formulieren, vernachlässigte man, dass männliche Minister in all den zurückliegenden Jahrzehnten vermutlich dutzendfach Väter geworden sind. Aber das zählte ja irgendwie nicht: Kinder zu kriegen und Kinder zu haben war im Grunde Frauensache. Und es war natürlich Privatsache. Die Elternschaft von Ministerinnen hingegen ist es nicht. Kristina Schröder war gegen Ende ihrer Amtszeit eine deutliche Unlust anzumerken – relativ offenherzig beklagte sie, in ihrem Job nicht genug Zeit für ihre kleine Tochter zu haben. Und tatsächlich, kaum war sie nicht mehr in der Regierung, war auch schon die zweite Tochter unterwegs.

Umso diesseitiger ist nun Manuela Schwesigs Plan. Nach dem acht Wochen dauernden gesetzlichen Mutterschutz werde sie wieder an ihren Schreibtisch in Berlin zurückkehren, hat die schwangere Ministerin bereits erklärt. „Ich habe die Elternzeit bei Julian genommen. Mein Mann nimmt die Elternzeit jetzt. Das gehört in einer modernen Familie doch dazu.“

Im Grunde könnte man jetzt schon vorab all die Kommentare verfassen, die es im kommenden Frühjahr setzen wird, wenn die ersten Fotos einer entspannten, frisch entbundenen Frau Schwesig zu sehen sein werden. Wozu, wird dann gefragt werden, wozu bekommt diese Frau eigentlich noch ein Kind, wenn sie sich ja doch nicht ­darum kümmert? Seit wann ist es eigentlich gut für Babys, wenn ihre Mütter nach acht Wochen wieder arbeiten gehen? Und he, vermutlich wird doch das Kleine viel zu früh in die „Fremdbetreuung“ abgeschoben, oder?

Derlei Vorhaltungen ignorieren, dass es so etwas tatsächlich gibt: Mütter, die gerne wieder arbeiten wollen. Frauen, die nach reiflicher Selbstbefragung zu der Überzeugung kommen, nicht soooo wahnsinnig gerne mit einem Minibaby ihre Zeit zu verbringen. Das soll sogar Frauen betreffen, die nicht Ministerin sind – die also nur einen ganz normalen Job haben, den aber durchaus als sinnstiftend empfinden. Derlei Haltungen werden hierzulande gern beschwiegen. „Rabenmutter“, das ist ein sehr deutsches, ein perfides Wort.

Es ändert aber nichts daran, dass Frauen, die gerne Kinder haben wollen, trotzdem noch was anderes sein möchten als ausschließlich Mütter. Und die im Fall Schwesig anstehende ­Debatte darum weitet mal ­wieder den Blick auf jene, die Lust auf Schlafmangel, ­Spielplatznachmittage und duftende Babykotze haben: die Väter.

Ihren eigenen Mann musste Frau Schwesig wohl gar nicht erst von den Vorzügen moderner Aufgabenteilung überzeugen. Stefan Schwesig arbeitet Teilzeit. Gerne.

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