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Die Qualen derer, diewir essen

Vegan Wahrheiten der Tierhaltung (21 Uhr, WDR)

In amerikanischen Restaurants werden keine Fische mehr mit Kopf serviert, war neulich irgendwo zu lesen. Die Forelle blau kommt im Film von Jörg Göbel und Christian Rohde nicht vor. Trotzdem führt die ganz persönliche Assoziationskette der Bigotterie von den gezeigten Küken, Schweinen und Rindern immer wieder zu dem imaginierten Fisch auf dem Servierteller, mit und ohne Kopf.

Im Unterschied zum tierischen ist das menschliche Gehirn nämlich in der Lage zu reflektieren. Und zu verdrängen und zu prokrastinieren. Nur so lässt sich der von Göbel und Rohde erkannte Widerspruch erklären: „Massentierhaltung ist beim Verbraucher verpönt. […] Doch an Ladentheken ist ,Billig‘ König und das Leiden der Tiere kaum Thema.“

Die TV-Journalisten wollen das ändern, weniger mit intellektueller Reflexion („Entscheidet der Milchpreis über Leben und Tod?“) als mit Zahlen und mit unschönen Bildern aus den hiesigen Tierfabriken – zum Beispiel von am Käfiggitter umstandslos totgeklatschten Ferkelchen; von im Leib der geschlachteten Mutter qualvoll erstickten Kälberembryonen.

Der Zuschauer erfährt also von 40 Millionen sogenannter Eintagsküken, die, weil sie männlich sind und nie Eier legen würden, in jedem Jahr in der „Gaskammer“ landen. (Und kann dann vermutlich nicht umhin, an Peta und Adorno und Auschwitz zu denken – Göbel und Rohde erwähnen die Kampagne mit keinem Wort.)

Er sieht auch, wie die Küken vergast werden. Kükenproduzent: „Wir machen das auch nicht gerne.“ Aber sie machen es, nur einer macht es nicht. Der Landwirt des „Gockelprojekts“ rettet ein paar 1.000 von 40 Millionen Küken im Jahr vor der Vergasung und päppelt sie gegen jede ökonomische Vernunft groß: „Seine Hähne werden 150 Tage alt – bevor er sie schlachtet.“ Jens Müller

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