: LeserInnenbriefe zu verschiedenen Themen
Merkels zögerliche Haltung
betr.: „Doch kein gelobtes Land“, taz vom 3. 9. 15
Es tut gut, die engagierte Arbeit Ehrenamtlicher am Münchner Hauptbahnhof und vor dem Berliner Lageso zu sehen. Nach mehreren Tagen, in denen uns hässliche Bilder aus Heidenau und anderen Orten erreichten, zeigt deren Tätigkeit die „helle“ Seite Deutschlands. Das macht es auch verständlich, wenn Flüchtlinge vor dem Budapester Hauptbahnhof „Germany, Germany“ rufen. Dass sie auch „Merkel, Merkel“ rufen, ist aus ihrer Sicht menschlich ebenso nachvollziehbar. Doch wer die zögerliche Reaktion der Kanzlerin auf Heidenau oder das kaltherzige Auftreten von Frau Merkel gegenüber dem Flüchtlingskind Reem bedenkt, kann den Flüchtlingen nur wünschen, dass sie von „Merkel, Merkel“ nicht enttäuscht werden. H. BECKER, Berlin
Lieber schweigen
betr.: „Der Schulpflichtversager“,taz vom 29. 8. 15
Mit seinem Vorschlag hat Andreas Bausewein seiner Partei nicht nur in Thüringen einen Bärendienst erwiesen.
Um das aktuelle rot-rot-grüne Regierungsbündnis in Thüringen am Ende nicht ernsthaft zu gefährden, sollte sich Andreas Bausewein zukünftig lieber in Schweigen hüllen. Anscheinend ist ihm das koalitionäre Dasein unter Führung eines linken Thüringer Ministerpräsidenten überhaupt nicht recht, obwohl die SPD nicht nur in Thüringen mit den Linken programmatisch weitaus mehr inhaltliche Gemeinsamkeiten hat als mit dem früheren großen Thüringer und heutigen großen Koalitionspartner auf Bundesebene, der CDU.
Auch wenn die Reaktion des CDU-Vizevorsitzenden Armin Laschet auf den ersten Blick Anderes vermuten lässt – und deshalb trügt.
ELGIN FISCHBACH, Leimen
Vorbild schwankt
betr.: „Eine Großmacht wankt“,taz vom 29. 8. 15
Als Ursache nennt Felix Lee den Mangel an Reformbereitschaft. Dieser Begriff hat zwei Bedeutungen. Ursprünglich,die Bereitschaft sich den Gegebenheiten anzupassen; neoliberal, Arbeitskosten senken, staatliches Handeln zurückdrängen. Lee meint Ersteres, da bei 0,5 von 1,3 Milliarden Chinesen der Wirtschaftsaufschwung (noch) nicht angekommen ist. Das Dilemma scheint in der Ausgangslage begründet. Die Partei besteht auf ihrem Führungsanspruch, erarbeitet aber keine eigene Wirtschaftstheorie, sondern übernimmt die des Westens. Und dieses Vorbild schwankt selber: durch Erfolge, die die Grundlage des eigenen Wirtschaftens zerstören. Das sind Kapitalakkumulation und Umwelt/Klima oder die Störung von Gleichgewichten wie Strahlungsgleichgewicht und Versauerung von Ozeanen.
KLAUS WARZECHA, Wiesbaden
Stillstand im Bankenwesen
betr.: „Eine Großmacht wankt“, taz vom 29. 8. 15
Was Felix Lee über große chinesische Staatsunternehmen feststellt (Konkurrenz fehlt, bei Schieflage springt der Staat ein, das reißt Löcher in den Staatshaushalt, gesunder Mittelstand wird verhindert), gilt 1:1 für alle „systemrelevanten“ Konzerne der Welt.
China droht deshalb der Stillstand? Den haben wir im Bankwesen weltweit seit Jahren (mit Ausnahme der klitzekleinen Mitglieder der Global Alliance for Banking on Values).
Statt auf China zu warten, sollten wir endlich eine Größenbegrenzung für Konzerne einführen: niemand darf „too big to fail“ sein, schon gar nicht im Finanzsektor.
SEBASTIAN BÜTTNER, Lübeck
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