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Tödliche UnfälleZahl der Verkehrstoten steigt

Auch in den ersten Monaten dieses Jahres wächst die Zahl der Verkehrstoten. Ein Unfallforscher fordert eine bessere Infrastruktur.

Die Zahl der Verkehrtoten steigt weiter an. Foto: dpa

Wiesbaden dpa | Auf Deutschlands Straßen sind in den ersten sechs Monaten dieses Jahres 1.593 Menschen bei Verkehrsunfällen ums Leben gekommen. Das waren 22 Tote oder 1,4 Prozent mehr als im ersten Halbjahr 2014, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Freitag mitteilte.

Schon im vergangenen Jahr war die Zahl der Verkehrstoten leicht gestiegen: Insgesamt waren 2014 in Deutschland 3368 Menschen bei Verkehrsunfällen gestorben, 29 mehr als im Jahr zuvor.

Von einer Trendwende will Siegfried Brockmann, Unfallforscher der Versicherer, nicht sprechen. Aber das Ziel der Bundesregierung, die Zahl der Verkehrstoten von 2011 bis 2020 um 40 Prozent zu reduzieren, sei in Gefahr: „Wenn das so weitergeht, ist das Ziel voraussichtlich nicht zu erreichen.“ 2011 waren noch 4.009 Menschen auf den Straßen getötet worden.

Trotz ständig wachsenden Verkehrs war die Zahl der tödlich Verunglückten jahrzehntelang gesunken. Im Jahr 2013 hatte sie mit 3.339 den niedrigsten Stand seit Beginn der Erhebung in den 1950er Jahren erreicht. Das schwärzeste Jahr in der Statistik war 1970 mit mehr als 21.000 Verkehrstoten in Ost und West.

Unfallforscher Brockmann sieht Verbesserungsmöglichkeiten in der Infrastruktur, etwa in den Städten. Dort müsse es vor allem alten Menschen leichter gemacht werden, über die Straße zu gehen, zum Beispiel mit Ampel-Übergängen vor Ärztezentren oder Parks. Alte Menschen scheuten Umwege und gerieten deshalb häufiger in Gefahr.

Dass das Alter eine Rolle spielt, zeigt die Statistik: 365 Menschen, die in den ersten fünf Monaten dieses Jahres bei Verkehrsunfällen starben, waren nach Angaben des Statistischen Bundesamts 65 Jahre oder älter – das war fast jeder dritte Verkehrstote.

Wie sich Ablenkung durch Smartphones auf das Unfallgeschehen auswirkt, sei wissenschaftlich noch nicht geklärt, sagte Brockmann. Aufklärung hält er dort für wichtiger als Verbote. Vermutlich werde das Problem aber zunehmen – denn die Generation, die ständig und überall digital kommuniziert, komme gerade erst ins Auto-Alter.

Die Zahl der Verletzten sank im ersten Halbjahr um 2,7 Prozent auf etwa 180. 900. Auch die Zahl der registrierten Unfälle ging zurück – um 0,8 Prozent auf rund 1,16 Millionen. Bei den meisten Unfällen (1,02 Millionen) entstand lediglich Sachschaden.

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8 Kommentare

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  • Sinnvolle Geschwindigkeitsbegrenzungen (auch auf Autobahnen) würden ebenfalls helfen, doch ach, die Autolobby legt ihr Veto ein und auch die Grünen kriegen Muffensausen. Schade, da werden auch weiterhin viele Tausend Menschenofper erbracht werden müssen. Wer will das nächste sein?

    • @s0r:

      Was wäre denn eine "sinnvolle Geschwindigkeitsbeschränkung"?

      80?

       

      Erst einmal müßte doch nachgewiesen werden, daß es dadurch weniger Unfälle gibt. Und dieser Nachweis fällt schwer, weil eh die allermeisten Unfälle in der Stadt und die meisten tödlichen Unfälle auf Landstraßen stattfinden. Die Autobahnen tun da kaum was zur Sache.

      Und auf Landstraßen gibt es Geschwindigkeitsbegrenzungen bereits.

      Was also wollen Sie eigentlich?

      • @Werner W.:

        Die meisten Unfälle mit Personenschäden werden beim Abbiegen, Wenden, Rückwärts-, Ein- und Anfahren verursacht, siehe https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/Wirtschaftsbereiche/TransportVerkehr/Verkehrsunfaelle/Tabellen/FehlverhaltenFahrzeugfuehrer.html.

        Damit komme ich wieder zu §9, Absatz 3. Hohe Geschwindigkeiten sind auch nicht so problematisch, wenn man den vorgeschriebenen Sicherheitsabstand einhalten würde.

        • @Joseph Tannhuber:

          Meine Frage war ja an @SOR gerichtet, der diese Statistik ja nicht kennt.

           

          Noch in den 80er Jahren hatten wir jährlich ca. 14000 Verkehrstote. Jetzt sind wir bei 4000 mit immer noch sinkender Tendenz. Wenn wir erst mal selbstfahrende Autos in größerem Umfang haben, werden die von Ihnen genannten Unfallarten weitgehend ausscheiden und es nocht deutlich weniger Personenschäden gäben. Vermutlich wird man dann Abstands- und Geschwindigkeitsregelungen im bisherigen Sinne gar nicht mehr brauchen (es werden auf der Autobahn sogar Höchstabstände denkbar sein).

           

          Die Forderung von @SOR ist jetzt eigentlich von gestern und spiegelt den Stand der Verkehrsentwicklung nicht wieder.

          Die eigentliche Forderung muß doch sein, menschliche Fehlerquellen (die weit über 98% der Unfälle verursachen) im Verkehrsbereich so schnell wie möglich auszuschalten.

          • @Werner W.:

            Da gebe ich Ihnen völlig Recht. Technisch wäre ja schon heute so vieles realisierbar. Aber anstatt vorhandene Technik konsequent zur Unfallvermeidung einzusetzen, sollen sich die Leute lieber panzern, mit schwerem Blech und Fahrradhelmen. An Panzerungen und Unfällen verdient die Industrie ganz gut, wie so oft auf Kosten von Leben und Unversehrtheit.

    • @s0r:

      Allerdings - und die Raserei gibts eh nur noch in D.

  • Vor allem müsste man den Menschen §9, Absatz 3 der Straßenverkehrsordnung beigringen. Irgendwie weiß offenbar fast niemand, dass man beim Abbiegen querende Fußgänger und Radfahrer durchlassen muss.

    • 6G
      65572 (Profil gelöscht)
      @Joseph Tannhuber:

      ... und das auch, wenn sie bei Rot, in falscher Richtung fahrend, auf Skateboarden angerauscht über die Straße gehen, rollen, fahren. Auch telefonierene oder dateneingebende, mitten auf der Straße stehende Individuen müßen nicht zur STVO-Schulung sondern es gilt selbstverständich für den Autofahrer § 1 dieses Gesetzes.