piwik no script img

Neigung zur Dickleibigkeit

Buchpreis Lesetipps des Literaturbetriebs: Die Longlist ist da

Drei Punkte fallen auf. Erstens hat die diesjährige Longlist zum Deutschen Buchpreis eine souveräne Longtailhaftigkeit, was das Frühjahrsprogramm betrifft. Die Liste enthält interessante Titel, die Anfang dieses Jahres erschienen sind und erst allmählich ihr Publikum fanden. Valerie Fritschs „Winters Garten“ gehört in diese Kategorie, Inger-Maria Mahlkes historischer Frauenroman „Wie ihr wollt“, Anke Stellings „Bodentiefe Fenster“ und Frank Witzels „Die Erfindung der Roten Armee Fraktion …“

Zweitens gibt es bei den aktuellen Romanen auf der Liste eine Neigung zur Dickleibigkeit, die aber nur die – männliche – Tendenz zum Schwergewichter spiegelt. Clemens J. Setz’„Die Stunde zwischen Frau und Gitarre“, Ilija Trojanows „Macht und Widerstand“ sowie Feridun Zaimoglus „Siebentürmeviertel“ werfen zusammen allein 2.300 Seiten Prosa ins Rennen. Und Ulrich Peltzers Roman „Das bessere Leben“ hat immerhin auch 450 Seiten.

Vom literarischen Gehalt sind die Herbsttitel der Autorinnen aber nicht unbedingt leichtgewichtiger. Jenny Erpenbecks Roman „Gehen, ging, gegangen“, der unter den Asylsuchenden vom Berliner Oranienplatz spielt, durfte nicht fehlen. Außerdem dabei: Alina Bronsky „Baba Dunjas letzte Liebe“ und Monique Schwitter mit „Eins im Andern“.

Und drittens finden sich in die Liste hineingeschmuggelt Lektürevorschläge, die sonst nicht unbedingt im Zentrum der Aufmerksamkeit stünden. Ralph Dutlis „Die Liebenden von Mantua“ etwa, Vladimir Vertlib mit „Lucia Binar und die russische Seele“, Kai Weyand „Applaus für Bronikowski“ sowie Christine Wunnicke „Der Fuchs und Dr. Shimamura“.

Autoren mit interessanten Büchern, gegen die sich die Jury entschieden hat, gibt es natürlich auch. Als Erstes fallen einem Ulla Lenze sowie Stephan Wackwitz (eine Art Künstlerroman!) ein. Aber so ist das nun mal. Ralf Rothmann hat von sich aus gebeten, dass sein Titel „Im Frühling sterben“ nicht berücksichtigt wird. Verliehen wird der Preis am 12. Oktober. drk

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen