: Einer von den Anti-Schrödern
Er hat den Job, den Nahles bekommen sollte: Hubertus Heil wird Generalsekretär
BERLIN taz ■ Hubertus Heil gehört zu der Generation von Politikern in der SPD, über die sich Gerhard Schröder immer lustig gemacht hat – weil sie ganz anders sind als er, angepasster, weicher, ein bisschen pausbäckig noch und ohne die Erfahrung der Machtkämpfe, die die Brandt-Enkel untereinander ausgefochten haben. „Man guckt ja manchmal, wer so nach einem kommen könnte“, sagte Schröder dann in seinem typisch selbstgefälligen Ton. „Und dann guckt man. Und guckt. Und guckt … Und dann muss man doch weitermachen.“
Eine Bundestagswahl und eine SPD-Krise später sind die Brandt-Enkel samt ihrem großen Meister Schröder perdu. Jetzt machen Leute wie Heil weiter.
Es ist natürlich eine ironische Pointe der sozialdemokratischen Geschichte der letzten 20 Jahre, dass die neue Generation sich nicht an die Macht kämpfen musste – sondern zum richtigen Zeitpunkt einfach da ist. Auf Hubertus Heil trifft das in besonderer Weise zu. Er ist gestern erst 33 Jahre alt geworden, sitzt aber bereits seit 1998 im Bundestag; sein Wahlkreis: Gifhorn/Peine in Niedersachsen. Mehr noch, von seinem Aussehen und seinem Habitus her wirkt er wie ein 53-jähriger stellvertretender Fraktionsvorsitzender, der irgendwie schon immer da war, tüchtig, aber seltsam leidenschaftslos. Man wundert sich nicht, dass ihn die älteren Genossen für einen „Spitzel“ der Jungen Union hielten, weil er bereits mit 15 Jahren zu den Jusos kam und schon damals ein Jackett trug.
Aber von Äußerlichkeiten sollte man sich nicht täuschen lassen. Heil hat einen scharfen Verstand, ist wach und instinktsicher, ein geschickter Manager. Was einem wie Schröder das politische Stahlgewitter war, ist einem wie Heil das networking, das eifrige Knüpfen von Kontakten. Genau deswegen heißt der Zusammenschluss der jungen, pragmatischen SPD-Bundestagsabgeordneten, dessen Sprecher Heil ist, „Netzwerker“. Seine wichtigsten Kontakte haben jetzt dazu geführt, dass Heil politische Karriere macht: der zu Matthias Platzeck und der zu Sigmar Gabriel. Platzeck kennt er aus seiner Zeit in Potsdam. Dort hat er an der Uni Politikwissenschaften und Soziologie studiert, anschließend arbeitete er im brandenburgischen Landtag. Mit Platzeck ist Heil seitdem befreundet. Gabriel hingegen ist einer seiner dicksten buddies. Sie kennen sich aus Niedersachsen. Heil galt lange als Gabriels Sherpa in Berlin.
Platzeck hätte gern Gabriel zum neuen Generalsekretär gemacht. Der lehnte ab, er will sich lieber auf sein Amt als Umweltminister konzentrieren. Wohl kein Zufall, dass dann der Name Heil ins Spiel kam. Der neue Parteichef und sein neuer General liegen politisch auf einer Linie: Reformpolitik ja – aber eine, die die ihre soziale Idee vermitteln kann. Ost oder West? Spielt da keine Rolle mehr. JENS KÖNIG