Aus dem Bauch des Landes

USA Donald Trump liefert jeden Tag eine neue Provokation. Das Wahlkampfterrain, auf dem er nun so erfolgreich tanzt, wurde jahrelang von rechten Medien vorbereitet

Donald Trump – mit Männern ringt er, Frauen beleidigt er Foto: Charlie Neibergall/ap

von Dorothea Hahn

Ohne Donald Trump könnten wir den US-Vorwahlkampf in Ruhe plätschern lassen. Wir würden die jetzt noch 17 RepublikanerInnen, die bislang 4 DemokratInnen und die Grünen dort lassen, wo sie hingehören: in parteiinterne Foren, die in der tiefen US-Provinz um die richtigen KandidatInnen rangeln. 15 Monate vor den Wahlen und fast ein Jahr bevor die Namen der offiziellen KandidatInnen feststehen, wäre das publizistisch angemessen. Selbst gegenüber der Supermacht hätten wir anschließend immer noch genügend Zeit, die Programme und Personen zu beschreiben.

Trump ändert das. Er tut so, als käme er aus dem Bauch ­seines Landes. Er appelliert ohne Umstände an die niedrigsten ­Instinkte. Manövriert seine sämtlichen republikanischen Mitbewerber an die Wand. Und macht den Vorwahlkampf zu einer ­Personality- und Unterhaltungsschau mit sich selbst im Zen­trum.

Jeden Tag liefert Trump eine neue Provokation, die ihm Schlagzeilen bringt. Zuletzt warf er den prominentesten Latino-TV-Journalisten aus einer Pressekonferenz, weil dieser ihm eine unliebsame Frage stellen wollte. Nachdem er ihn wie einen papierlosen Immigranten hatte rauswerfen lassen, holte er ihn gnädig wieder in den Saal zurück, um sich mit ihm ein Wortgefecht zu liefern. Vor dem Rausschmiss bezeichnete er eine andere Starjournalistin – dieses Mal von dem rechten Sender Fox News – als „Tussi“. Mit Männern ringt Trump. Frauen beleidigt er.

Außerdem kündigte er hemds­ärmelig an, dass er Amerika gegenüber Putin und China wieder „groß“ machen werde. Diffamierte mexikanische Immigranten als „Vergewaltiger“ und „Kriminelle“. Sprach von einer geschlossenen Mauer mit einer „schönen Tür“ längs der Südgrenze. Und drohte 11 Millionen Menschen die Deportation an. Wobei er komplette Familien außer Landes bringen will, weil das „humaner“ sei.

Sein Wahlkampf fasst all das zusammen, was Tea Party und rechte Medien in der Vergangenheit täglich in die Provinz getragen haben

In gewisser Weise tritt Trump das Erbe von Sarah Palin aus dem Jahr 2008 an. Doch anders als die ehemalige Gouverneurin von Alaska, die auf nationaler Ebene eine weitgehend Unbekannte war, bevor John McCain sie zu seiner Vizepräsidentschaftskandidatin machte, war Trump schon lange bekannt. Und anders als sie es qua Geschlecht gekonnt hätte, bedient er das komplette Register sexistischer Vorurteile, das frau in den USA finden kann.

Aber wirklich originell ist Trump mit seinen kalkulierten Provokationen nicht. Sein Wahlkampf fasst all das zusammen, was Tea Party und rechte Medien – allen voran Fox News – in den vergangenen Jahren täglich in die tiefe Provinz hineingetragen haben. Sie haben das Terrain vorbereitet mit ihrer Hetze gegen den – angeblich nicht US-amerikanischen – Präsidenten Obama, gegen dessen Gesundheitspolitik, Einwanderungspolitik und die Gleichstellung für Homosexuelle und andere Minderheiten –, auf dem Trump jetzt triumphiert.

Es bleibt unwahrscheinlich, dass Trump im nächsten Jahr zum offiziellen Kandidaten der republikanischen Partei wird. Dazu ist das Establish­ment seiner Partei viel zu geschlossen gegen ihn eingestellt. Und dazu ist seine „Basis“ viel zu sehr an Unterhaltung und zu wenig an ­Politik interessiert. Aber wie Trump die Welt organisiert, das wird dennoch Spuren hinterlassen. Er hat es schon jetzt geschafft, selbst die radikalsten republikanischen PräsidentschaftskandidatInnen wie Chorknaben und -mädel wirken zu lassen. Er macht die Xenophobie salonfähig. Er verschafft dem Sexismus die besten Sendezeiten. Er holt den Antiintellektualismus ins Fernsehen. Wenn er – hoffentlich – eines Tages aussteigt, wird die Welt über dem Aufatmen vergessen, wie weit rechts die ganze Partei gerückt ist.