Meeressäuger können coole Sachen: Das Atmen der Wale

Wale blasen aus Atemluft Kringel, dass Kettenraucher neidisch werden und jagen Fischschwärme mit „Blasenvorhängen“.

drei Beluga-Wale blasen Luftringe

Echte Könner im Shimane Aquarium der japanischen Stadt Hamada. Foto: ap

BERLIN taz | Wale können auf zweierlei Weise Atemluft ausblasen. Einmal durch die Blasloch genannten Atemlöcher auf der Kopfoberseite und zum Anderen durch den Mund. Wie wir müssen sie beim Tauchen die Luft anhalten, damit sie lange genug unter Wasser bleiben können und tief genug kommen, um Nahrung zu finden. Einige Arten können bis zu zwei Stunden tauchen, dazu speichern sie in ihrem Blut und ihren Muskeln Sauerstoff.

Ist ihre Luft verbraucht, tauchen sie auf und stoßen diese durch ihre Atemlöcher aus – was wie eine Fontäne aussieht. Seeleute berichten, dass manche Wale sich einen Spaß daraus machen, die Fontäne so auszustoßen, dass die Schiffsmannschaft nass wird. Außerdem stinkt ihre ausgeblasener Atem unangenehm und das Herauspusten ist laut.

Die andere Möglichkeit, Luft auszustoßen, besteht darin, dass sie Luft aus dem Mund blasen. Der Berliner Kurier zeigt auf seiner Internetseite ein Video, auf dem Beluga-Wale unter Wasser Ringe blasen. Dazu formen sie ihren Mund – ähnlich wie Tabakraucher, die Ringe ausstoßen – zu einem Kussmund.

„Spektrum.de“ erwähnt Buckelwale, die „Blasenjagden“ auf Fische veranstalten. Sie treiben zu mehreren einen Schwarm nach oben, „dann produzieren sie regelrechte Blasenvorhänge, indem sie Luft ins Wasser ablassen, um die Beute weiter zu konzentrieren, bevor sie schließlich mit weit geöffnetem Maul senkrecht aufsteigen, um ganze Schwärme auf einmal zu verschlingen“. Die Autoren teilen allerdings nicht mit, ob die Wale ihre „Blasenvorhänge“ mit den Atemlöchern bilden oder mit dem Maul oder mit beidem.

Schleim aus den Atemwegen

Der in arktischen Gewässern lebende Grönlandwal besitzt wie alle Bartenwale zwei Blaslöcher, mit denen er zwei Fontänen bis zu vier Meter hoch blasen kann. Der Blauwal sogar bis zu zehn Meter. Zwar blasen die Wale ihre Atemluft schon aus, bevor ihr Blasloch aus dem Wasser herausragt, sodass Wasser mit hochspritzt, aber ihre Fontäne besteht zum Teil auch aus Schleim, der in den Atemwegen sitzt und mit ausgestoßen wird.

Der Meereszoologe und Walforscher Boris Culik vom Institut für Meereswissenschaften der Universität Kiel erwähnt ferner, dass eine gehörige Portion Wasser auch der Atemluft selbst entspringt: Im Körper des Wals hat die Luft eine Temperatur von 37 Grad. Sie ist mit Feuchtigkeit gesättigt. Kommt sie beim Ausatmen aus dem Nasenloch herausgeschossen, dehnt sich die Luft aus und kühlt ab.

Dabei kondensiert der Wasserdampf augenblicklich zu kleinen Wassertröpfchen. Der feine Nebelstrahl unterscheidet sich von Walart zu Walart. Der Pottwal zum Beispiel atmet nicht senkrecht nach oben aus, sondern 45 Grad zur Seite. Walfänger und geübte Beobachter können die Meeressäuger schon von weitem an der Höhe und der Form ihrer Fontäne identifizieren.

Zu den geübtesten Beobachtern zählen die von der Waljagd lebenden Ureinwohner Kamtschatkas, Alaskas und der Aleuten, während die Zoologen lange Zeit nur fragmentarische Kenntnisse von den Walen besaßen. Das änderte sich mit dem romantischen Dichter und Hüter des Herbariums im Berliner Botanischen Garten, Adelbert von Chamisso, und dessen 1824 veröffentlichte Abhandlung über Wale.

Das Wissen der Aleuten

Dazu schreibt die Literaturwissenschaftlerin Marie-Theres Federhofer in ihrem Buch in der Reihe Bibliotheca Sibiro-pacifica: „Chamisso verwendet darin die Kenntnisse einer Urbevölkerungsgruppe, und es gelingt ihm, dieses Wissen in die Ordnung eines europäischen Wissenschaftsverständnisses hinein- und weiterzuvermitteln.“ Chamisso verweise schon im Titel (Cetaceorum maris Kamtschatici imagines ab Aleutis e Ligno Fictas) darauf, dass er auf das Wissen der auf einer Inselkette am Südrand des Beringmeers lebenden Aleuten zurückgreife, die er während einer Weltreise zweimal besucht habe, erklärt Federhofer.

Die Wal-Kenntnis des Dichters sei das Ergebnis von „Übersetzungsprozessen“: „Das mündlich überlieferte Wissen der Aleuten wird in eine europäische Form der Wissenspräsentation übersetzt, sie werden verschriftlicht und einem europäischen Denkstil, der zoologischen Systematik, angepasst…“

Im Rückblick, schreibt Federhofer, sei es fast schmerzhaft zu lesen, dass sich Chamisso genau dann ernsthaft mit dem Wissen der Aleuten beschäftigte, „als diese brutal von russischen Pelzhändlern unterdrückt und versklavt wurden“. Und gleichzeitig die Wale durch europäische und amerikanische Walfänger fast ausgerottet wurden.

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