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Eher gekleckert als geklotzt

Der Senat hat erstaunlich wenig für die Olympia-Bewerbung 2024 ausgegeben – es waren gerade mal rund 1,6 Millionen Euro

Okay, das Honorar war vielleicht etwas hoch. 1.900 Euro bekam ein „Experte“ für einen Vortrag „bei einer Veranstaltung mit dem Landessportbund Berlin“. Aber sonst hat der Senat eher gekleckert als geklotzt. Obwohl Frank Henkel, der Innen- und Sportsenator bekanntlich keine Reise scheut, entfallen auf den Posten Reisekosten nur 10.000 Euro. 4.258 Euro entfielen 2014 auf „Honorarmitarbeiter bei der Senatsverwaltung für Inneres und Sport“. Ein Jahr später waren es etwa noch einmal so viel. Und die „Produktion von Merchandise-Artikeln und Give Aways“ schlug mit 10.000 Euro zu Buche. Geschenkt. Schaut man sich an, was dem rot-schwarzen Senat die Olympiabwerbung für die Spiele 2024 wert war, könnte man glatt fragen: Wollten die die Spiele überhaupt?

Die detaillierten Kosten, die Innenstaatssekretär Andreas Statzkowski (CDU) nun auf eine Anfrage der grünen Abgeordneten Anja Schillhanek öffentlich machte, sind aber auch aus einem anderem Grund interessant. Denn der größte Posten der insgesamt 1,6 Millionen Euro, die die Bewerbung den Steuerzahler kostete, haben keine Vortragsreisenden, reisenden Senatoren oder Honorarkräfte bekommen, sondern die Agentur Hirschen Group. Für ihre Kampagne „Wir wollen die Spiele“ bekam diese laut Statzkowski 1,3 Millionen Euro.

Das wirft gleich mehrere Fragen auf. Wie schlecht muss eine Kampagne eigentlich sein, um so viel Geld zu kosten. Denn egal ob an Autobahnen oder Billboards: Überall wurden die Plakate, kaum aufgehängt, sogleich mit dem Zusatz versehen. „Wir nicht“. Einen Slogan, der so einfach auszukontern ist, muss man erstmal erfinden. Und eine so dreiste Lüge auch. Das „wir“, das die Kampagne suggerierte, umfasste laut Umfragen gerade einmal die Hälfte der Berlinerinnen und Berliner. Selten hat Politik so offensichtlich gelogen.

Aber auch mit den Zahlen ist es so eine Sache. Gegenüber dem RBB hat der Senat im Februar – also einen Monat vor der Entscheidung des DOSB, mit Hamburg ins Rennen für Olympia 2024 zu gehen –, ganz andere Zahlen genannt. Demzufolge habe die Agentur Hirschen Group für den Slogan und erste Kampagnen-Elemente lediglich 138.520 Euro bekommen.

Mehr noch: Bis dato, hieß es, habe die Stadt rund 174.000 Euro ausgegeben, weitere 130.000 seien geplant. Macht summa summarum etwa 300.000 Euro – 1,3 Millionen weniger als nun bekannt gegeben.

Ob der Senat die Spiele wirklich wollte, werden wir wohl nie herausfinden. Weitere Anfragen an die Innenverwaltung wegen der Kosten werden aber wohl nicht ausbleiben. Uwe Rada

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