piwik no script img

Abschiebung trotz bester Integration?

Bleiberecht

Martin Manzelist Anwalt für Ausländerrecht. Er vertrat unter anderem die Türkin Banu Olgun, deren Abschiebung im Frühling für Aufsehen sorgte

BERLIN | Die palästinensische Schülerin Reem brach vor der Bundeskanzlerin in Tränen aus. Ihr droht die Abschiebung, obwohl sie seit vier Jahren in Rostock zur Schule geht.

1 Warum müssen solche Menschen um ihre Zukunft in Deutschland fürchten?

Ob die Familie des Mädchens einen Aufenthaltstitel bekommt, hängt immer vom Einzelfall ab. Der Libanon gilt als sicheres Land, in das abgeschoben werden kann. Viele Libanesen sind aber in Deutschland geduldet. Sie bekommen also kein Asyl, können aber auch nicht abgeschoben werden. Der Grund ist, dass sie oft keinen Reisepass besitzen, nicht zweifelsfrei identifizierbar sind und deshalb nicht ausgewiesen werden können.

2Was bedeutet dieser Duldungsstatus für die Menschen?

Sie dürfen meist nicht arbeiten und ihre Krankenversicherung deckt nur das Nötigste ab. Damit Flüchtlinge nicht absichtlich ihren Pass wegwerfen, macht man ihnen das Leben in Deutschland so schwer wie möglich. Die politische Vorgabe ist, diese Menschen nicht Teil der Gesellschaft werden zu lassen.

3Die Migrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz, sieht Chancen, dass das Mädchen bleiben darf, auch wegen der jüngsten Änderungen im Aufenthaltsrecht.

Grundsätzlich haben oberste Landesbehörden immer die Möglichkeit im Einzelfall eine Aufenthaltserlaubnis zu erwirken. Ob sich das Mädchen auf positive Aspekte des neuen Gesetzes berufen kann, hängt von individuellen Faktoren ab. Ich halte dieses Gesetz im Ganzen allerdings für pervers. Es ermöglicht, eine Vielzahl Flüchtlinge die illegal nach Deutschland einreisen, zu verhaften und abzuschieben.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen