Zahlen bitte!

Geld Der Bundestag stimmte gestern über die Aufnahme von Verhandlungen über ein neues Hilfspaket für Griechenland ab. Wofür zahlen wir da wirklich, und zahlen wir überhaupt? Welche Anteile der 86 Milliarden Euro fließen wohin? Eine Übersicht in Zahlen von
Ingo Arzt

86Milliarden Euro

Ein neues Preisschild klebe auf dem griechischen Reformpaket, hieß es im ZDF am vergangenen Sonntag: „Bis zu 100 Milliarden Euro.“ Etwa eineinhalb Stunden vor der Sendung, in der diese Zahl in Umlauf gebracht wurde, hatten Agenturen gemeldet, Griechenland würde ein drittes Hilfs­paket von bis zu 86 Milliarden Euro bekommen. Aufgerundet macht das schwups 100 Milliarden. Eine Zahl, die irgendwie groß und empörend klingt.

36Milliarden Euro

Von den 86 Milliarden Euro braucht Griechenland 36 Milliarden, um fällige Schuldentilgungen bis 2018 leisten zu können. Teilweise bekommen dadurch private Gläubiger im Ausland ihr Geld zurück. Ein weiterer Milliardenteil fließt in den Internationalen Währungsfonds, dessen größter Zahler die USA sind. Rund 14 Milliarden gehen an die Europäische Zentralbank, die EZB. Das lässt sich ausrechnen, der griechische Schuldentilgungsplan ist öffentlich. Griechenland überträgt seine Schulden von der einen Institution der Eurogruppe, der EZB, auf die andere: den European Stability Mechanism (ESM), über den die Kredite laufen. Genauso wie Deutschland für die EZB-Kredite haftet, haftet es auch für die ESM-Kredite, es ändert sich also nichts. Außer, dass der ESM in seinen Statuen knallharte Spar­auflagen für Länder vorsieht, die aus seinen Töpfen schöpfen. „Mit dem größten Teil des dritten Hilfspakets wird umgeschuldet und das Finanzsystem aufrechterhalten“, sagt Alexander Kritikos, Ökonom am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. Ein sinnvollerer Name für das „Hilfspaket“ wäre deshalb: Umschuldungspaket.

25Milliarden Euro

Mit bis zu 25 Milliarden Euro sollen die griechischen Banken rekapitalisiert werden. Das ist nötig, weil aus Angst vor einem Grexit viele Griechen – reiche wie arme – ihre Konten leer geräumt haben. Die Banken können nun kaum ihrer wichtigsten Funktion nachkommen: Kreditvergabe an die Wirtschaft, Zahlungsströme aufrechterhalten. Ist das nun Hilfe? Alexander Kritikos, Ökonom am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, sagt, das Finanzsystem aufrechtzuerhalten sei Hilfe, die den Griechen zugutekommt – weil bei einem Zusammenbruch ein ökonomisches und soziales Chaos ausbrechen würde. Ist die Angst vor einem Grexit verschwunden, könnte dieser Teil des Geldes schnell auf die Konten zurückfließen.

18Milliarden Euro

18 Milliarden der 86 Milliarden Euro sind für Zinszahlungen vorgesehen, die Griechenland bis 2018 leisten muss. Von diesen Zahlungen profitiert auch Deutschland. Wir geben den Griechen Geld, damit sie uns Zinsen zahlen.

0Milliarden Euro

Wie viel Geld erhält der griechische Staat effektiv für seinen Haushalt? Als Budgethilfen sind derzeit 12 Milliarden im Gespräch, damit Athen seine in den letzten Monaten aufgelaufenen Rechnungen bei Beamten und Kommunen zahlen kann. Allerdings sollen damit auch Schulden beim IWF und der EZB bezahlt werden – das Geld würde nicht in der Staatskasse ankommen. Hinzu kommen auf der Habenseite weitere 4,5 Milliarden, mit denen ein Puffer für laufende Zahlungen wieder aufgefüllt werden soll. Allerdings soll die griechische Regierung mit 8,5 Milliarden durch Privatisierungen und Haushaltsüberschüsse selbst zum Rettungspaket beitragen. Im Saldo erhält die Regierung in Athen bis 2018 praktisch kein neues Geld, um laufende Kosten zu decken.

41Milliarden Euro

Seit der Finanzkrise von 2007 sinken die Zinsen für die Nichtkrisenländer. Viele Investoren stecken ihr Geld in sichere deutsche Staatsanleihen. Die Zinsersparnis für Deutschland betrug im Jahr 2014 immerhin 40,6 Milliarden Euro. Insgesamt sparte Deutschland seit 2007 152 Mil­liarden Euro. Die „schwarze Null“, das Wunder des Endes der deutschen Neuverschuldung, ist nicht das Verdienst von Finanzminister Schäuble, sondern ein Zinseffekt. Diese Zahlen stammen nicht von linken Globalisierungskritikern, sondern von der Bundesbank.

14Milliarden Euro

Der deutsche Anteil an einem dritten, bis 2018 laufenden Hilfspaket könnte bei rund 14 Milliarden Euro liegen. Bisher hat der Bundestag aber nur Verhandlungen über ein Hilfspaket zugestimmt. Zugestimmt hat er auch einer Brückenfinanzierung von 12 Milliarden für Athen, bis das neue Hilfspaket steht. Das Geld dafür kommt aus dem EU-Haushalt. Weil so aber auch EU-Länder, die keinen Euro haben, belastet werden würden, das aber nicht wollen, zahlt Berlin 523 Millionen Euro zur Absicherung. Dieses Geld wiederum kommt nicht vom Steuerzahler, sondern aus Zinsgewinnen, die Deutschland aus Griechenland erhalten hat.