: Saubermacher auf Waldwegen
Umwelt Bislang holt die BSR den Müll von Straßen und Plätzen. Dank zweier Vorstöße aus dem Senat könnte sich ihr Revier bald in Parks und Wälder hinein ausdehnen
von Claudius Prößer
„So grün ist nur Orange“ war mal ein Werbespruch der Berliner Stadtreinigung (BSR). Bald könnte es heißen: „So orange ist Berlins Grün“. Die Saubermacher drängt es nämlich seit Neuestem in Parks, Grünanlagen, ja sogar in den Wald. Die Initiative dafür geht gleich von zwei Senatsverwaltungen aus.
Warum der Finanzsenator ein Interesse daran haben könnte, dass die BSR-Männer und -Frauen künftig auch die Mülleimer im Park leeren, erschließt sich auf den ersten Blick vielleicht nicht. Aber Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) ist zugleich Chef des BSR-Aufsichtsrats, und für das landeseigene Unternehmen muss bis Jahresende ein neuer Vertrag aufgestellt werden, der dessen Pflichten definiert. Kollatz-Ahnen schlägt nun vor, der Stadtreinigung, die im Rahmen einer alten Arbeitsteilung ausschließlich Straßen und Plätze säubert, Aufgaben zu übertragen, die bislang die bezirklichen Grünflächenämter erledigen.
Dabei geht es zumindest vordergründig um ein positives Erscheinungsbild der Stadt. Die Berliner und ihre Gäste könnten so einen „großen Zugewinn an Lebensqualität“ erfahren, zitiert die Morgenpost den Senator. Und Sprecherin Eva Henkel sagt, eine Übernahme dieser Aufgaben durch die BSR könne „gerade an neuralgischen Punkten wie touristisch attraktiven Orten“ von Vorteil sein. Man habe aber erst mal die Diskussion darüber angestoßen, wo in Sachen Sauberkeit die Bedürfnisse der wachsenden Stadt liegen.
Die Berliner Stadtreinigung (BSR) ist ein landeseigenes Unternehmen – und ein sehr erfolgreiches dazu. Mit über 5.000 Beschäftigten in Müllabfuhr, Straßenreinigung und Abfallverwertung erwirtschaftet der nach eigenen Angaben größte kommunale Entsorger Deutschlands einen Umsatzerlös von rund einer halben Milliarde Euro. Sogar ein kleiner Überschuss wird in die Landeskasse ausgeschüttet – 11 Millionen Euro im Jahr 2013.
Seit November ist Tanja Wielgoß Vorstandsvorsitzende der BSR. Sie löste Vera Gäde-Butzlaff ab, die an die Spitze der Gasag wechselte. (clp)
Nicht jeder bricht angesichts dieses Vorstoßes gleich in Jubel aus. Hans Panhoff etwa, grüner Bau- und Umweltstadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg, sieht noch jede Menge ungeklärter Fragen, auch wenn er die Idee nicht von vornherein ablehnt. In seinem Bezirk etwa sei die Müllbeseitigung aus Grünanlagen komplett an externe Dienstleister vergeben, damit sich das Grünflächenamt um seine Kernaufgaben kümmern könne.
„Wir sind da schon sehr effizient organisiert und schrauben immer wieder an der Vergabe herum, um sie noch günstiger und effektiver zu machen“, erklärt Panhoff. Wenn der Senat den Bezirken nun pauschal die Zuweisungen kürze, weil sie von dieser Aufgabe entlastet würden, müsse er genau hinschauen, ob sich das tatsächlich rechne: „Sollten wir nach dem Durchschnitt der Reinigungskosten aller Bezirke bemessen werden, können wir eigentlich nur verlieren.“
Und Panhoff möchte noch mehr wissen: Wie würde die BSR die Park-Dienste organisieren? Hat sie die nötige Ortskenntnis? Benötigt sie bauliche Veränderungen, um ihre Gerätschaften einsetzen zu können? Gibt es eine Rangfolge bei den Grünflächen und haben die Bezirksämter da noch ein Wort mitzureden? Bislang, so der Stadtrat, sei ihm kein Konzept dazu bekannt.
Pilotversuch im Forst
Aber nicht nur im Görlitzer Park oder im Tiergarten könnte man künftig Orange sehen, sondern auch mitten im Wald. In den hatten sich die „Laubburschen“ (auch so ein alter Slogan) bislang noch nie verirrt. Das könnte sich ändern, wenn ein vor drei Wochen gestarteter Pilotversuch gute Ergebnisse zeitigen sollte. Für ein Jahr hat die BSR die Müllentsorgung im Köpenicker Forstrevier Teufelssee übernommen. Die aus der Stadt bekannten Mülleimer stehen nun unter Eichen und Buchen, auch an Badestellen am Müggelsee.
„Die Waldnutzung nimmt zu, während die Personaldecke schrumpft“, so Sprecher Derk Ehlert von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, auf deren Initiative das Projekt zurückgeht. „Wir wollen unsere Revierförster entlasten, die ja für andere Aufgaben vorgesehen sind.“
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