THEATER

TheaterEsther Slevogtbetrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

Im Theater am Kurfürstendamm ist es manchmal aber auch ganz schön. Es ist irgendwie ein Museum des vergangenen 20. Jahrhunderts: als die Welt (und auch das Theater) noch einigermaßen in Ordnung waren, der Bürger in seiner etwas engen Welt noch weit­gehend zufrieden lebte und sogar Heiratsschwindler und Hochstapler irgendwie Charme versprühten. Hardcorebetrüger wie heutige Hedgefondsmanager oder Schlepper gab es noch nicht. Und wenn das Leben gerade mal wieder etwas langweilig war, war es anscheinend nicht der schlechteste Zeitvertreib, sich von einem Hochstapler einwickeln zu lassen. Den Eindruck erwecken zumindest die drei nicht mehr ganz jungen Damen, die vom sogenannten Kurschattenmann Ulrich eingeseift werden. Darunter so versierte komödiantische Kräfte wie Ex-Sexbombe Ingrid Steeger und Simone Rethel. „Der Kurschattenmann“ Ulrich wird in der gleichnamigen Boulevardkomödie von René Hei­ners­dorff, die gerade am Kurfürstendamm herausgekommen ist, von Jochen Busse verkörpert: „Mein Grashüpfer“, „See­pferdchen“ oder „Flamingo“ säuselt und sülzt er die Damen an, bevor er ihnen aberwitzige Storys auftischt, die das Ziel haben, ihnen das Geld aus der Tasche zu ziehen (Theater am Kurfürstendamm, 23.–29. 7., jeweils 20 Uhr).

Doch so selig unbedarft mag inzwischen kaum keiner, der was auf sich hält, noch Theater machen. Flüchtlinge sind gerade das große Thema. Auch im Heimathafen Neukölln. Da wird nun der berühmte Roman von Josef Conrad „Das Herz der Finsternis“, 1899 zuerst erschienen, auf zeitgenössisches Format gebracht. Der Originalroman beschreibt eine Flussfahrt in die Tiefe der belgischen Kolonie Kongo in Zentralafrika und die Abgründe des Kolonialismus. Nun wird daraus eine Bootsfahrt nach Sonnen­untergang durch Berliner Schifffahrtskanäle. Verantwortlich für diese theatralische Expedition von Oleg Witt ist das „Theater der Migranten“. Gemeinsam mit Flüchtlingen, denen die lebensgefährliche Flucht (zum Beispiel mit dem Boot übers Mittelmeer) nach Berlin gelungen ist, verspricht das Theater nun eine Boots-Performance, in deren Kontext unter anderem nach globalen Mechanismen von Migrationsbewegungen und deren ökonomischen und politischen Hintergründen gefragt werden soll. Die Fahrt beginnt Am Flutgraben 3 (zwischen U-Bahnhof Schlesisches Tor und S-Bahnhof Treptower Park). Auf dem floßartigen Boot gibt es allerdings kaum Sitzplätze, teilen die Veranstalter mit. Outdoor-Bekleidung und Schuhe werden dringend empfohlen (Heimathafen Neukölln: „Herz der Finsternis“, 24. & 25. 7., jeweils 21 Uhr).