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Der Altvorsitzende der Jungen Union ist tot

Nachruf Philipp Mißfelder stirbt überraschend. Die CDU verliert eines ihrer größten jungen Talente

Foto: Michael Kappeler/dpa

BERLIN dpa | Hochbegabter Netz­werker, außenpolitischer Experte, trotz junger Jahre bereits langjähriger Bundestagsabgeordneter und sehr gut verdienender Multifunktionsträger – ohne Zweifel war Philipp Mißfelder ein Politiker mit sehr vielen Seiten. Ein Satz aber hat den hochgewachsenen Mann aus Nordrhein-Westfalen begleitet bis zum Schluss. „Ich halte nichts davon, wenn 85-Jährige noch künstliche Hüftgelenke auf Kosten der Solidargemeinschaft bekommen“, hatte Mißfelder 2003 gesagt.

Viele Jahre später gab ihm dafür sogar die Bundeskanzlerin, auf deren Wort Mißfelder so viel Wert gelegt hatte, einen mit. Den scheidenden JU-Chef erinnerte sie im September 2014 daran, dass sein Start „unglücklich“ gewesen sei. Danach, da habe er das mit dem Zusammenhalt der Generationen aber dann verstanden.

Geboren in Gelsenkirchen 1979, Studium der Geschichte, eingetreten in die Junge Union 1993. Über zwölf Jahre führte Mißfelder die JU, das ist Rekord. Danach wurde er Amerikabeauftragter der Bundesregierung.

Schluss war damit allerdings nach nur drei kurzen Monaten. Offizielle Begründung: Mißfelder wollte sich zum Schatzmeister von Nordrhein-Westfalens CDU wählen lassen. Das kam für manche ein bisschen überraschend, wusste der Vielbeschäftigte doch durchaus verschiedenste Ämter unter einen Hut zu bringen. Außenpolitischer Sprecher seiner Fraktion, Mitglied des CDU-Präsidiums, im Vorstand von Deutschlands wichtigstem Transatlantik-Netzwerk Atlantik-Brücke und in vielen anderen Gremien:

Ärger brachte ihm aber ein anderer Nebenjob ein. Durch eine Pflichtveröffentlichung des Bundestags kam heraus, dass Mißfelder neben seinen Abgeordnetenbezügen noch mehr als 100.000 Euro Zweitbezüge vom Kunst- und Lifestyle-Verlag teNeues bekommt (seit 2008 strategischer Berater). Damit ist er auf der Besserverdiener-Liste des Bundestags in den Top Ten. Rechtfertigen musste sich Mißfelder auch für seine Teilnahme an Altkanzler Gerhard Schröders Geburtstagsparty mit Russlands Präsident Wladimir Putin im Mai 2014.

Philipp Mißfelder hinterlässt seine Frau und zwei kleine Kinder. Sein Tod kam vollkommen überraschend. Nach einem Leben unter hohem Druck starb Mißfelder, in dem manche eines der größten Talente der Union sahen, mit nur 35 Jahren an einer Lungenembolie.

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