: Schwer wiegende Erfahrung
Kriminologe: Wesentlich mehr verwahrloste Kinder als öffentlich angenommen
Nur die Spitze des Eisberges sieht der Wiesbadener Kriminologe Professor Rudolf Egg in den publik gewordenen Fällen von verwahrlosten Kindern. „So etwas kommt wesentlich häufiger vor, als es sich die Öffentlichkeit vorstellen kann“, sagte er in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Die Zahl werde hierzulande überhaupt nicht statistisch erfasst.
Betroffen seien Kinder, deren Eltern sich sehr überfordert fühlten. „Es ist nicht so, dass es ihnen Lust oder Freude bereitet, Kinder zu quälen“, sagte Egg. Häufig spielten neue Lebensgefährten eine Rolle, für die der Vater oder die Mutter das Kind „ruhig stellen“ wolle. Fälle von Verwahrlosung gebe es häufig auch bei sehr jungen Müttern oder bei Eltern, die selbst Opfer davon geworden seien. Die finanzielle Lage der Familie spiele dagegen keine Rolle.
Die Kinder müssten nicht nur körperlich, sondern wegen ihrer seelischen Wunden auch psychologisch behandelt werden. „Die Erfahrung einer Verwahrlosung hat schwer wiegende Auswirkungen und kann die Opfer bis ins Erwachsenenalter verfolgen“, so Egg. Unter anderem bestehe die Gefahr, dass Vernachlässigungsopfer später die Bedürfnisse der eigenen Kinder ebenfalls nicht erfüllten. dpa