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Der Ökopapst in Südamerika

ECUADOR Papst Franziskus hat bei seinem Besuch zum Schutz der Umwelt aufgerufen. Zum Unmut von Präsident Rafael Correa, der gerade heftig von Umweltschützern kritisiert wird

von Jürgen Vogt

BUENOS AIRES taz | Papst Franziskus redete Klartext: „Die Ausbeutung der natürlichen Ressourcen, die in Ecuador so reichhaltig vorhanden sind, darf nicht dem schnellem Profit dienen.” Verwalter dieses Reichtums zu sein verpflichte die ganze Gesellschaft und zukünftige Generationen zu einem angemessenen Schutz der Umwelt.

Eben noch hatte er Mitte Juni mit seiner Umwelt-Enzyklika „Laudato si“ den Ausstieg aus den fossilen Energieträgern wie Kohle und Erdöl gefordert, da flog er Anfang Juli nach Ecuador.

In kaum einem anderen Land findet sich eine solche Bandbreite von Problemen, die sich in der päpstlichen Umwelt-Enzyklika konkret widerspiegeln: Weltklima, Amazonasregion, Artenvielfalt, Erdöl, Gewinner, Verlierer, Reiche und Arme. „Hier hat Ecuador – zusammen mit den anderen Ländern im Amazonasraum –eine Gelegenheit zu einer umfassenden Ökologie“, sagte er.

In der Hauptstadt Quito ging es ans umweltpolitische Eingemachte. Botschaften wie „Diese Erde haben wir als Erbe erhalten, als Gabe, als ein Geschenk“ waren noch Allgemeinplätze. Doch bei einem Treffen mit Vertretern der Zivilgesellschaft rief er ausdrücklich zum Schutz der Amazonasregion auf und sprach von der „enormen Artenvielfalt“ die eines „besonderen Schutzes“ bedarf.

Zwar hatte Papst Franziskus in seiner Umwelt-Enzyklika vor allem die Industrienationen zu einer „ökologischen Umkehr“ aufgerufen und ein Ende des „unersättlichen und unverantwortlichen Wachstums“ gefordert, aber gerade Präsident Rafael Correa muss es in den Ohren geklingelt haben. Er hätte seinem Land eine Vorreiterrolle zukommen lassen können.

2007, gerade ins Präsidentenamt gekommen, verkündete Correa die sogenannte Ishpingo-Tambococha-Tiputini-Initiative, kurz ITT-Initiative, um die einzigartige Artenvielfalt und den Lebensraum der indigenen Völker in der Amazonasregion Yasuní zu schützen. Der Vorschlag: die in einem zwar kleinen, aber wichtigen Teil des Yasuní vermuteten Ölreserven von 846 Millionen Barrel nicht nur unberührt im Boden zu lassen, sondern auf diese Weise auch zu verhindern, dass mehr als 400 Millionen Tonnen CO[­­]2 nicht in die Atmosphäre abgegeben werden können.

Als Gegenleistung sollte die internationale Gemeinschaft über einen Zeitraum von 13 Jahren die Hälfte des geschätzten Exportwertes von rund 7,2 Milliarden Dollar in einen Treuhandfonds der Vereinten Nationen einzahlen, durch den wiederum Projekte in Ecuador gefördert werden sollten.

Doch im August 2013 erklärte Correa die Initiative für gescheitert. Als Grund führte er das fehlende Geld in den Treuhandfonds an. Seither treibt er die zukünftige Ölförderung zügig voran. Alle notwendigen Genehmigungen wurden vom Parlament abgenickt. Das schon lange angespannte Verhältnis zwischen den indigenen Gemeinschaften, ihren Organisationen sowie Umweltschutzverbänden und dem Präsidenten hat sich erheblich verschärft. Proteste gelten als Majestätsbeleidigung, Widerstand wird diffamiert, ausgetrickst oder schlicht unterdrückt.

Dass dies auch zu Lasten zweier in freiwilliger Selbst­isolation lebender indigener Gemeinschaften geht, konnte Papst Franziskus zur Kenntnis nehmen. Die im Bündnis YasuniDOS zusammengeschlossenen Befürworter der ITT-­Initiative übergaben dem Papst einen Brief, der auf ihre Situation hinweist.

Allerdings vermied auch Papst Franziskus die ganz große Konfrontation. Ein Treffen mit Vertretern der regierungskritischen Conaie, des wichtigsten indigenen Dachverbands, blieb aus. Man habe auf die Bitte um ein direktes Treffen keinerlei Antwort erhalten, beschwerte sich der ConaieE-Vorsitzende Jorge Herrera. „Der Papst hat die Armen und die Umwelt in den Mittelpunkt seines Diskurses gestellt, wir vertreten beide.“ Bei dem Treffen mit der Zivilgesellschaft hätten lediglich drei Vertreter sprechen dürfen, „darunter zwei Geschäftsleute, aber kein Indigener“. Herrera schloss nicht aus, dass die Regierung entsprechenden Druck ausgeübt hat.

Der Pontifex auf Tour

Ecuador: Auf seiner ersten Station blieb er vom 5. bis zum 8. Juli.

Bolivien: Nach seinen Besuch in Ecuador reiste Papst Franziskus weiter nach Bolivien und blieb dort vom 8. bis zum 10. Juli.

Paraguay: Am 11. Juli wird er bei seiner letzten Station erwartet. Am 12. Juli fliegt er zurück nach Rom. In sein Heimatland Argentinien reiste er nicht. (juevo)

Dass Ecuador am Öltropf hängt, ist nicht neu. Öl macht über die Hälfte des Exportvolumens aus und die Erlöse finanzieren rund ein Drittel des Staatshaushalts. Doch der stark gesunkene Weltmarktpreis hat ein riesiges Loch in den Haushalt gerissen. Um weit über eine Milliarde Dollar musste dieser im laufenden Jahr gekürzt werden, Einschnitte bei den Sozialprogrammen und Renten waren die Folge.

Eine im Mai angekündigte Anhebung der Erbschaftsteuer brachte das Fass zum Überlaufen. Seither geht auch die Oberschicht auf die Straße, vereinigte sich dort mit der unzufriedenen Mittelschicht und den protestierenden indigenen und Umweltschutzgruppen. Schließlich musste Correa die Reißleine ziehen. Mit der Begründung, dass es wegen des bevorstehenden Papstbesuches einer friedvollen Atmosphäre bedürfe, legte er die Erhöhung der Erbschaftsteuer vorerst auf Eis.

Auf allen Ebenen müsse „für den sozialen Einschluss gekämpft“ und der „Dialog“ unterstützt werden, so der Papst bei seiner zweiten großen Messe abermals vor Hunderttausenden von Gläubigen. Brücken sollten gebaut werden, aber den ideologischen und diktatorischen Bestrebungen nach „Alleinherrschaft“ etwas entgegengesetzt werden.

Dabei muss es dem anwesenden Correa wieder mächtig in den Ohren geklungen haben.

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