Zündel jetzt auch vor deutschem Gericht

Nach seiner Abschiebung aus Kanada muss sich der Holocaust-Leugner wegen Volksverhetzung und Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener in Mannheim verantworten – nach 40 Jahren Hetze im Ausland. Maximalstrafe wären fünf Jahre Haft

AUS FRANKFURT AM MAIN KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT

Vor dem Landgericht in Mannheim beginnt heute das Verfahren gegen den Anfang März 2005 aus Kanada nach Deutschland abgeschobenen Rechtsextremisten Ernst Zündel, 66. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Volksverhetzung und Beleidigung und Verunglimpfung des Andenkens verstorbener Menschen vor.

Von Kanada und den USA aus hatte Zündel, der nach wie vor einen deutschen Pass besitzt, knapp 40 Jahre lang in Wort und Schrift und seit Ende 1994 auch im Internet den Holocaust geleugnet und überall in der Welt „Wissenschaftler“ protegiert, die seine in Deutschland strafbewehrten Thesen stützen. Unter anderem gab sein Verlag „Samisdat Publishers“ die kanadische Ausgabe der Hetzschrift „Starben wirklich sechs Millionen Juden?“ des britischen Antisemiten Richard Harwood heraus. Und in seinem Auftrag führte der US-amerikanische Pseudowissenschaftler Fred Leuchter in Auschwitz illegal „Forschungsarbeiten“ durch.

Wegen Volksverhetzung stand Zündel in Deutschland schon einmal vor Gericht. 1991 wurde er vom Amtsgericht in München wegen der Leugnung der Massenmorde an Juden während des Nationalsozialismus zu einer Geldstrafe von 12.600 DM verurteilt. Zündel hatte in Deutschland an einem Neonazi-Kongress teilnehmen wollen, war aber zuvor in der Wohnung der Freundin des an Aids verstorbenen Neonaziführers Michael Kühnen verhaftet worden.

Dass Zündel wieder in Deutschland vor Gericht steht und sich erneut für seine Hetzpropaganda gegen Juden und die permanente Leugnung des Holocaust verantworten muss, ist nicht etwa den Aktivitäten der deutschen Justiz oder des Justizministeriums zu verdanken. Ein Auslieferungsersuchen an Kanada hat es nicht gegeben. Zündel verfing sich in den USA im Gestrüpp der Einwanderungsbestimmungen, nachdem er im Jahre 2000 Kanada wegen des Verbots seiner hetzerischen Website verlassen und ein Jahr später die bekennende US-Rechtsextremistin Ingrid Rimland geheiratet hatte.

Rimland hatte zuvor schon für Zündel gearbeitet und für die Website teilweise verantwortlich gezeichnet. Weil er es dann 2003 verabsäumte, sein Besuchervisum verlängern zu lassen und er zudem in seinem Antrag auf Einbürgerung im US-Bundesstaat Tennessee falsche Angaben gemacht haben soll, schoben ihn die US-Behörden umgehend nach Kanada ab. In Toronto wurde ihm dann endlich wegen der auch in Kanada verbotenen „Verbreitung antisemitischen Materials“ auf der Website „Zundelsite“ der Prozess gemacht.

Wegen der ihm drohenden Abschiebung nach Deutschland beantragte der Rechtsextremist Asyl – vergeblich. Ein kanadischer Bundesrichter stufte Zündel umgehend als „Rassisten“ und als „Gefahr für die nationale Sicherheit Kanadas“ ein. Die Ausweisung wurde verfügt. Nun muss sich der seit dem März in Mannheim in Untersuchungshaft einsitzende Zündel also in Deutschland vor allem für seine Propaganda im Internet vor Gericht verantworten. Für jede Äußerung, die den Straftatbestand der Volksverhetzung erfülle, sei das deutsche Strafrecht voll anwendbar, so die Auffassung der rührigen Mannheimer Staatsanwaltschaft. Sie beantragte schon vor Jahren den Haftbefehl, weil die „Zundelsite“ auch in Baden aufgerufen werden konnte.

Der Prozess, der unter außerordentlichen Sicherheitsvorkehrungen stattfindet, ist auf fünf Verhandlungstage terminiert. Am 24. November soll das Urteil verkündet werden. Im ausschließlich für Zündel ungünstigsten Fall verschwände er für fünf Jahre hinter Gittern.