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CDUler blamiert sich mit Nazi-Vergleich

TIERSCHUTZ Niedersachsens CDU-Fraktionschef Björn Thümler will das „Gänsemanagement“ der rot-grünen Landesregierung kritisieren – und redet von KZs und vom „Vergasen“

Björn Thümler, der Fraktionsvorsitzende der CDU im niedersächsischen Landtag, hat mit einem missratenen Nazi-Vergleich für Aufregung gesorgt. Wie erst am Wochenende bekannt wurde, hatte sich der 44-Jährige bei einer Kreismitgliederversammlung der Christdemokraten bereits Mitte Juni in Rage geredet: Im 4.000 Einwohner zählenden Örtchen Rodenkirchen in seiner heimischen Wesermarsch warf Thümler der rot-grünen Landesregierung vor, ihre Jagdverordnungen führten zwangsläufig zur Schaffung von „Gänse-KZs“, in denen „Vögel vergast“ würden – und die es in Niedersachsen niemals geben dürfe.

Hintergrund sind Befürchtungen von Landwirten, einige Gänsearten könnten ihre Ernte schädigen. Auch seien Wiesen am Ende der Rastzeit „vollgeschissen“, habe Thümler wörtlich geklagt, notierte ein Reporter der Nordwest-Zeitung. Rund um den niederländischen Airport Schiphol werden Gänse, die in die Triebwerke von Flugzeugen geraten könnten, tatsächlich von den Behörden mit Kohlendioxid getötet.

Nur einen Tag nach dem Besuch der britischen Queen im Konzentrationslager Bergen-Belsen sorgte Thümlers KZ-Vergleich in Hannover aber für Empörung: Wer das Töten von Tieren mit dem Holocaust vergleiche, relativiere die Verbrechen der Nazis, ärgerte sich Niedersachsens fürs Jagdgesetz zuständiger grüner Landwirtschaftsminister Christian Meyer – und die Grüne Jugend forderte prompt den Rücktritt des CDU-Fraktionschefs.

Thümler selbst übt sich seitdem in maximaler Reue: „Falsch“ sei nicht nur seine Wortwahl gewesen: „Der Vergleich zwischen dem Holocaust und den Belangen des Tierschutzes ist unangemessen“, findet er jetzt.

Auch beim Landesverbandsvorsitzenden der jüdischen Gemeinden, Michael Fürst, hat sich Thümler entschuldigt. „Merkwürdig“ findet Fürst den Vergleich des Christdemokraten, der erst im April mit seiner Fraktion nach Israel reiste, noch immer. Trotzdem ist er sich „nach zehn Jahren Bekanntschaft“ sicher: „Ein Antisemit ist Thümler auf keinen Fall.“ WYP

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