Auswanderung: Scheu vor Mitbestimmung

Die Zentrale der Papenburger Meyer Werft flüchtet in die Steueroase Luxemburg – angeblich, um der internationalen Konkurrenz Paroli zu bieten.

Der größte Schiffbauplatz Europas: Meyer-Werft als Feier-Kulisse. Foto: dpa

Das Mutterhaus der Papenburger Meyer-Werft, die Rostocker Meyer-Neptun GmbH, flüchtet nach Luxemburg: Ein entsprechender Handelsregistereintrag sei bereits getätigt worden. „Wir werden im Herbst in Luxemburg ein Büro eröffnen, von dem aus der zentrale Einkauf für Papenburg, Rostock und Turku gesteuert wird“, teilte das Werftkonsortium am Sonntagabend mit. „Wir wollen damit besonders unsere Internationalität darstellen, um im mörderischen weltweiten Konkurrenzkampf zu überleben.“ In der Werft-Belegschaft, der IG Metall und der Landespolitik sorgt die Nachricht für Unruhe. „Das ist eine böse Umgehung der Mitbestimmung“, sagt der Sprecher der IG Metall Küste, Felix Hoffmann.

Details wissen die IG Metall und die Landespolitik noch nicht. Über Jahrzehnte hat das Land zig Millionen Euro in die Ausbaggerung und Begradigung der Ems gesteckt, um den Luxusliner- und Kreuzschifffahrtsbau im Emsland zu halten. „Ob das für Meyer Steuervorteile haben wird, wissen wir noch nicht“, sagt der Gewerkschafter Hoffmann mit Blick auf den Umzug. Am Mittwoch gebe es einen Termin, an dem die Meyer-Bosse Details ihrer Pläne erläutern wollen.

Der Betriebsratsvorsitzende Ibrahim Ergin hatte für Montag eine außerordentliche Betriebsratssitzung einberufen. „Wir haben einen Fragenkatalog aufgestellt und warten auf Antworten der Geschäftsführung“, sagte Ergin der taz.

Angeblich sind steuerliche Vorteile in der Steueroase Luxemburg kein Motor und Motiv der Verlagerung der Rostocker Firmenzentrale. „Dieses ist kein Steuersparkonzept“, beteuert das Unternehmen. Die Steuern würden wie bisher in Papenburg, Rostock und im finnischen Turku bezahlt.

Die Fluchtder Meyer-Werft-Zentrale nach Luxemburg überrascht, weil gerade ein Standortsicherungsvertrag zwischen dem Unternehmen, Niedersachsen und der IG Metall abgeschlossen worden ist.

Niedersachsen verpflichtet sich darin, dafür zu sorgen, dass auch die super-großen Luxusliner über die Ems Papenburg verlassen können und dass die Werft die in Europa zugelassenen Innovationshilfen bekommt.

Die Meyer-Werft verpflichtet sich ihrerseits, zukünftig den Standort Papenburg zu erhalten und 3.100 Arbeitsplätze zu garantieren. Die Auftragsbücher seien bis 2020 voll.

Zu der Werftengruppe gehört mit der Papenburger Werft der größte Schiffbauplatz in Europa, mit der Neptun-Werft in Warnemünde der größte Anbieter für Flusskreuzfahrtschiffe und die finnische Tukur-Werft. Die Verlagerung der Firmenzentrale soll die internationales Konkurrenzfähigkeit der Gruppe erhalten.

Mit dieser gesellschaftsrechtlichen Entwicklung erreiche das Konsortium, dass die Gruppe auch zukünftig keinen Aufsichtsrat brauche. „Gerade die letzten erfolgreichen Verhandlungen um sieben neue Aufträge haben gezeigt, dass ein Aufsichtsrat extrem hinderlich gewesen wäre und eventuell den Erfolg verhindert hätte“, behauptet das Unternehmen auf seiner Webseite.

Die IG Metall sieht das alles sehr kritisch. „Damit werden sämtliche Mitbestimmungsrechte blockiert“, schimpft Thomas Gelder, IG Metall-Chef in Leer-Papenburg. Dass die Belegschaft und die IG Metall vor „vollendete Tatsachen“ gestellt worden seien, befremdet die Arbeitnehmervertreter sehr. „Wir haben bisher die Unternehmenskonzepte immer eng abgesprochen“, sagt der Gewerkschafter Gelder. „Jetzt scheint die Sozialpartnerschaft aufgekündigt worden zu sein.

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