: Tod durchUmverteilung
AUSLÄNDER-RECHT
Seit vergangener Woche steht die Hamburger Innenbehörde in der Kritik, weil eine Flüchtlings-Erstaufnahmeeinrichtung in Harburg eine Schwangere nach Nordrhein-Westfalen geschickt hat, obwohl sie nicht reisefähig war. Die Frau verlor ihr Kind im vierten Schwangerschaftsmonat.
Zwei Tage hatte die 20-jährige Mariatou Sow aus Guinea in Hamburg im Krankenhaus verbringen müssen, weil bei ihr unerklärliche Unterleibsblutungen aufgetreten waren. Bei der Entlassung erhielt sie einen Arztbrief, der ihr eine Risikoschwangerschaft bescheinigte und Sow „stationäre Beobachtung und Bettruhe“ verordnete. Dennoch sollten das Ehepaar Sow und ihr anderthalbjähriges Kind nach dem Königsteiner Schlüssel auf ein anderes Bundesland „umverteilt“ werden.
Der Ehemann Süleyman sagt, er habe bei der Ausländerbehörde darum gebeten, aufgrund der Riskoschwangerschaft bis zur Geburt des Babys in Hamburg bleiben zu dürfen und überdies den Arzbrief vorgelegt. Sie müssten trotzdem reisen, habe ihnen ein Behördenmitarbeiter nach kurzer Besprechung mit seinen Kollegen gesagt. Also musste die Familie mit dem Zug nach Nordrhein-Westfalen reisen und mit Gepäck und einem Kleinkind mehrmals umsteigen. Zwölf Stunden dauerte die Reise.
Auf eine parlamentarische Anfrage der Linken hin hatte der Hamburger Senat behauptet, die Eheleute hätten weder eine Arztbescheinigung vorgelegt noch von der Risikoschwangerschaft erzählt. Die Hamburger Linke unterstellt ihm nun, die Unwahrheit gesagt zu haben und kritisiert Innensenator Michael Neumann (SPD) für seine Entscheidung, auch Schwangere umzuverteilen.
Klarheit in den Fall bringt vielleicht die Staatsanwaltschaft Hamburg. Sie ermittelt nun wegen des Todes des ungeborenen Babys gegen Unbekannt und prüft, inwiefern hier Fremdverschulden vorliegt. SCHN
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen