Biopic: Es stimmt doch alles

Toller Unterricht in Sachen Antiapartheid: Bille Augusts Biopic "Goodbye Bafana" erzählt von Nelson Mandela und dessen Gefängniswärter.

Noch keine Freunde: Dennis Haysbert und Joseph Fiennes Bild: Promo

Nelson Mandela, auf Lebenszeit in den südafrikanischen Knast gesteckt, läutert den rassistischen Gefängniswärter (Joseph Fiennes). Ein Outing: In voller Uniform und unter den Augen seiner Kollegen reiht sich der Vollzugsbeamte in den Rundgang der Kriminellen ein und plaudert mit dem Führer der Antiapartheitsbewegung. Ein "Kaffernfreund"! Skandal!, aber moralisch und politisch gerechtfertigt. Fiennes ist Bafana geworden, Freund.

So weit die Handlung. Das Biopic muss Jahrzehnte abdecken. Es gibt viel zu tun, vor allem für die Maske. Die Protagonisten werden gemeinsam alt. Man sieht es deutlich. Das macht Bilder wie in einem Hochglanzmagazin. Die gediegene Arbeit des Filmregisseurs, des Dänen Bille August ("Pelle, der Eroberer", 1987; "Fräulein Smillas Gespür für Schnee", 1996), wird allseits geschätzt. Große Gefühle sind erlaubt. In "Ein Lied für Martin", dem Protokoll einer Alzheimerkrankheit, hatte ich 2001 mitgeweint, nicht etwa aus Mitleid, sondern vor Glück, dass ich schöne Bilder sehen durfte. Und wo bleiben 2007 die Tränen? Ich drückte, presste - nichts. Es stimmte doch alles. Die Drehorte original. Die Requisiten zeitgemäß. Die Sprache historisch. Die Kostüme nachgeschneidert. Die Schauspieler würdevoll - Moment mal, wars das? Dennis Haysbert, Los Angeles, spielt den Mandela von der ersten bis zur letzten Minute des Zweistundenfilms immer mit dem gleichen Gesichtsausdruck: ganz der Präsident, der er mal werden wird, staatstragend und in der Pose repräsentativen Wandschmucks. Und Joseph Fiennes, der Gefeierte, mimikfrei, bildet Geschichte ab.

Ich weiß, genauso wird in Biopics gespielt, und genau das gibt die Sicherheit, dass alles so geschehen ist. Danke, war gar nicht nötig gewesen, das eine oder andere mit Dokumentarmaterial zu belegen, besonders wenn dann der Fernseher eingeschaltet werden muss, und das immer im richtigen Moment.

Bleibt also genug Zeit, sich in der Filmeinstellung umzusehen. Ein blitzblank geputzter Museumsbus. Warum nur sitzt Fiennes seltsam verdreht auf der Bank, nach links geneigt. Warum taucht ein Zeitungsleser mit der einen Schulter ab und der anderen auf - eine Position, in der er sich mit der freien Hand wo festhalten muss? Aja, bingo! Die verdrehten Haltungen geben den Blick frei auf das Schild WHITES ONLY. Richtig, drum drängen sich auf den Stehplätzen dahinter die Nichtweißen.

In der Pressevorstellung gab es den Film mit Untertiteln, auch mit der Zeit, darüber nachzusinnen. Wie, schon wieder bombardieren die Antiapartheitsterroristen südafrikanische Städte? Sollte nicht ein Sprengstoffanschlag gemeint sein? Ist doch bildend, das Oxford Dictionary aufschlagen zu mögen: to bomb. Da stehts. Die deutsche Synchronisation wirds richten. Sind meine Anmerkungen kleinkariert? Aber was soll ich sonst mit einem Film anfangen, zu dem weiter nichts zu sagen ist als "Stimmt!" - "Genau so!" - "Hut ab!" - "Toller Unterricht!" - "Hausarbeit gemacht!"

Und damit bin ich beim Einwand gegen eine Filmkritik, wie ich sie eben geschrieben habe. Denn ein Film wie "Goodbye Bafana" kann doch grade junge Zuschauer, die von Südafrika und seiner Freiheitsbewegung nichts gehört haben, bilden und auf den richtigen Weg bringen, und auch die Älteren schätzen es sehr, wiederzuerkennen, dass sie längst auf dem richtigen Weg sind. Und das ist gut so, denke ich doch. Sollte man denen das vermiesen? Sicherlich sind sie ganz erfüllt von diesem Film. Auch lief er im Wettbewerb auf der Berlinale. Ich wünsche angenehme Rezeption.

"Goodbye Bafana". Regie: Bille August. Mit Dennis Haysbert, Joseph Fiennes, Diane Kruger u. a. Südafrika, Großbritannien, Deutschland u. a. 2007, 117 Minuten

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