Belgien-Wahl: Eindämmung gescheitert

Die Wahlen in Belgien zeigen, welche Rechte noch salonfähig ist.

Ein Rechtsruck, von dem die Rechtsextremen aber nicht profitieren - dieses Phänomen zeigte sich jetzt bei der belgischen Parlamentswahl in Flandern. Der ausländerfeindliche "Vlaams Belang" blieb bei 19 Prozent hängen, obwohl fast 60 Prozent der flämischen Wähler für eine Partei rechts der Mitte votierten. Die meisten Stimmen gingen an die Christdemokraten, während ein markanter Rest an eine neue nationalliberale Partei namens "Liste Dedecker" fiel. Aus diesem Ergebnis lässt sich lernen. Schließlich ist Flandern seit Jahrzehnten ein Versuchslabor, ob und wie sich Rechtsextreme durch Ausgrenzung einhegen lassen.

Die demokratischen Parteien haben bisher versucht, den "Vlaams Belang" einzudämmen, indem sie mit ihm keine Koalitionen eingingen. Dieser "Cordon Sanitaire" hatte zunächst den gewünschten Effekt: Erfolgreich wurde den Protestwählern Jahr um Jahr signalisiert, dass es sich nicht lohnt, "Vlaams Belang" zu wählen, weil die Partei zur Dauer-Opposition verdammt ist. Inzwischen hat "Vlaams Belang" 14 nutzlose Siege eingefahren, zuletzt wurden die Zuwachsraten immer kleiner. Geblieben ist jedoch die Unzufriedenheit der Wähler.

In diese Lücke ist nun Jean-Marie Dedecker gestoßen. Anders als der "Vlaams Belang" warnte er nicht ständig vor Überfremdung, sondern betonte lieber seine Heimatverbundenheit. Seine Botschaft lautet zwar letztendlich auch: Flandern den Flamen. Aber sie kommt nicht so offensichtlich rassistisch daher.

Dieses scheinbar moderate Programm wird von den demokratischen Parteien honoriert: Bereits am Wahlabend signalisierten die Christdemokraten, dass sie auch mit Dedecker über eine Regierungsbeteiligung verhandeln wollen. Diese Gespräche dürften schon deswegen leichtfallen, weil auch die Christdemokraten die Wünsche der rechten Wähler teilweise aufgenommen haben: So fordern sie mehr Autonomie für Flandern und setzen ansonsten auf das immer populäre Thema "Sicherheit". "Vlaams Belang" wird auch weiterhin nicht regieren. Trotzdem hat die Partei schon jetzt ihre Spuren hinterlassen.

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Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

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