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Archiv-Artikel

Schwarzes Loch am Elbufer

Bürgerinitiative gegen Verlegung des Planetariums in die Hafencity gestartet. SPD befürchtet Ausbluten der Stadtteile. GAL vermisst Konzept für weitere Nutzung des Stadtpark-Turms. Wahrzeichen von Stadtteil und Bezirk steht zur Disposition

Die offene Flanke des Konzepts ist die fehlende Perspektive für den WasserturmSPD: Nicht die Stadtteile berauben, um die Hafencity zu vergolden

von Gernot Knödler

Der ehemalige Wasserturm im Stadtpark mit dem Planetarium im Inneren ist eine Ikone Hamburgs. Weithin sichtbar und von markanter Gestalt, kennt ihn jedes Kind. Wer hier aufgewachsen ist, hat sich unter seiner Kuppel den Himmel erklären lassen. Die Absicht der Kulturbehörde, das Planetarium in die Hafencity zu verlegen, hat eine Protestwelle ausgelöst, die bis in die Reihen der CDU-Bürgerschaftsfraktion hinein reicht und gestern in der Gründung einer Bürgerinitiative mündete. Die Sorge vor einem Verlust dieses Wahrzeichens mischt sich dabei mit der Angst vor einem Ausverkauf der Stadtteile zugunsten der Hafencity.

Kultursenatorin Karin von Welck (parteilos) hatte Ende Oktober die Öffentlichkeit und ihre eigene Bürgerschaftsfraktion mit dem Plan überrascht, das Planetarium in das geplante „Science Center“ im Überseequartier der Hafencity zu integrieren. Das Science Center würde demnach aus einem Aquarium, einem Wissenschaftsmuseum und dem Planetarium bestehen, die sich gegenseitig ergänzen sollen.

Das inhaltliche Konzept hierfür ist noch etwas wolkig. Die Kombination biete „einmalige Synergieeffekte“, schwärmte Planetariumsdirektor Thomas Kraupe. Das Aquarium ganz in der Nähe des künftigen Kreuzfahrterminals könnte zusammen mit dem Planetarium den „Wasserplaneten Erde“ mit dem Weltall in Beziehung setzen. Das Planetarium, das heute schon mit computergenerierten Filmen arbeitet, die den Zuschauer vom Urknall in die Jetztzeit reisen lassen, könnte als „Science-Simulator“ das Museum ergänzen und in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Marine und Atmosphärische Wissenschaften Phänomene wie den Klimawandel verständlich machen.

Betriebswirtschaftlich steckt eine andere Idee hinter der Zusammenlegung: Während sich ein Aquarium selbst tragen könne, lasse das Wissenschaftsmuseum wegen der „hohen pädagogischen und wissenschaftlichen Anforderungen einen kostendeckenden Betrieb nicht erwarten“. Von Welck und ihre Senatskollegen hoffen deshalb, das Wissenschaftsmuseum mit den Einnahmen des erfolgreichen Planetariums quersubventionieren zu können. Das setzt voraus, dass die Besucherzahlen, die sich seit der Modernisierung 2002/2003 bereits verdreifacht haben, weiter gesteigert und Effizienzgewinne erzielt werden – etwa durch gemeinsame Werkstätten, Konferenzsäle, einen Laden und ein Bistro.

„Die offene Flanke des Konzepts ist die fehlende Perspektive für die weitere Nutzung des Wasserturms im Stadtpark“, findet der GAL-Bürgerschaftsabgeordnete Willfried Maier. Seinem Kollegen Claudius Lieven schwant ein Szenario wie beim Wasserturm im Schanzenpark, der trotz Protesten zum Hotel umgebaut wird. „Der Senat muss sicherstellen, dass der Wasserturm nicht verkauft wird“, fordert Lieven.

Die SPD hält es für einen Fehler, alle Attraktionen der Stadt auf einem kleinen Areal zu konzentrieren. „Es kann nicht sein, dass man die Stadtteile attraktiver Einrichtungen beraubt, um die Hafencity zu vergolden“, sagt der Bürgerschaftsabgeordnete Jan Quast. Sein Kollege Jenspeter Rosenfeldt aus Winterhude verweist darauf, dass auch die Dependance der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) in der City Nord zugunsten der neuen Architekturhochschule in der Hafencity aufgegeben wird. Im Übrigen sei früher einmal diskutiert worden, das Aquarium bei Hagenbeck anzusiedeln, um den Zoo zu stärken.

Dazu kommen die Emotionen. „Aus unserer Sicht ist das Planetarium untrennbar mit dem Stadtpark verbunden“, sagt Rosenfeldt. Rund 40 Vertreter örtlicher Initiativen seien dem Aufruf gefolgt, eine Bürgerinitiative für das Planetarium im Stadtpark zu gründen, den er zusammen mit dem Stadtparkverein verbreitet habe. Die Unterschriftenlisten sind bereits fertig.