Kongo: Flucht und Drohungen

Zwischen Regierung und Tutsi-Rebellenführer Nkunda ist Krieg um Ostkongo entbrannt

Soldaten des Rebellenführers Laurent Nkunda Bild: rtr

BERLIN taz Anhaltend schwere Kämpfe im Osten der Demokratischen Republik Kongo zwischen Regierungstruppen und Einheiten des Tutsi-Rebellenführers Laurent Nkunda haben zu einer Massenflucht von Zivilisten geführt. Nach UN-Angaben aus der ostkongolesischen Stadt Goma, Hauptstadt der von den Kämpfen betroffenen Provinz Nord-Kivu, ist die gesamte Bevölkerung der Distrikthauptstadt Masisi sowie naher Dörfer ins Umland geflohen. Masisi liegt in den Masisi-Bergen, wo Nkundas Rebellen herrschen. In Katale unweit von Masisi hatte Nkundas Armee am Donnerstag versucht, eine Armeebasis zu erobern, was zur Flucht zahlreicher Regierungstruppen führte. Sie sollen sich ruandischen Hutu-Milizen angeschlossen haben. Diese stehen weiter westlich in Waldgebieten und sehen Ostkongos Tutsi insgesamt als zu vernichtenden Feind an, was diese dazu bewegt, sich um Nkunda zu scharen.

Beobachter im Kongo gehen davon aus, dass mit den jüngsten Auseinandersetzungen ein Krieg um die Kontrolle Nord-Kivus zwischen Regierung und Nkunda begonnen hat. Nkunda hatte sich 2004 von Kongos Friedensprozess losgesagt und mit der Begründung, Kongos Tutsi vor den im Ostkongo starken ruandischen Hutu-Milizen schützen zu müssen, eine eigene Rebellenbewegung gegründet. Vor zwei Monaten hatte Nkunda der taz erklärt, er rechne demnächst mit einem Großangriff der Regierungsarmee. Seitdem haben sich viele der rund 8.000 Nkunda-Soldaten aus den "gemischten Brigaden" gelöst, die sie seit Jahresbeginn gemeinsam mit Regierungstruppen in Nord-Kivu gebildet hatten. Anfang dieser Woche begannen Kämpfe zwischen den Bestandteilen der einstigen "gemischten Brigaden", wobei es vorerst darum geht, wer deren Hauptquartiere kontrolliert. Sollte Nkunda dabei die Oberhand behalten, hätte er die militärische Kontrolle über den an Ruanda angrenzenden Teil Ostkongos errungen.

Deshalb ist es für Kongos Regierung nun so wichtig, Nkunda zurückzudrängen - selbst um den Preis hoher Verluste und einer Massenflucht von Zivilisten. Nord-Kivu mit rund fünf Millionen Einwohnern zählt rund 640.000 Kriegsvertriebene.

Zwei Regierungsbrigaden aus Nachbarregionen sind jetzt nach Nord-Kivu unterwegs. Sollten Nkundas Einheiten weiterkämpfen, würden sie als "Aufständische" behandelt, sagte Verteidigungsminister Chikez Diemu am Donnerstagabend. Gestern rief Nkundas Feldkommandant Kakolele eine "Feuerpause" aus.

Doch bisher hat sich Nkunda immer als der Regierung militärisch überlegen erwiesen. Es gilt als wahrscheinlich, dass ein Teil des Exports von Zinnerz aus Nord-Kivu über Ruanda - der letztes Jahr offiziell 7 Millionen Dollar, tatsächlich rund 25 Millionen wert war - seine Rebellion finanziert. Seine wichtigsten Militärführer, darunter General Kakolele, unterhalten jedoch noch bessere Beziehungen zu Uganda als zu Ruanda. In diesem Zusammenhang ist es kein Zufall, dass immer öfter Scharmützel an der Grenze zwischen Kongo und Uganda gemeldet werden.

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