Geringverdiener: Regierung plant Einstieg in Kombilohn

Die Große Koalition erwägt Zuschläge von 20 Prozent des Bruttolohnes. Auch der Kinderzuschlag von 140 Euro soll ausgeweitet werden.

Kombilohn ab Januar geplant: Viele Berufstätige erhalten Arbeitslosengeld II Bild: ap

BERLIN taz Der Kombilohn kommt. Geringverdiener können mit einem staatlichen Zuschlag rechnen, wenn ihr Lohn so niedrig ist, dass sie ergänzendes Arbeitslosengeld II beziehen müssen. Auch die Kinderzulage soll zum Jahresende nicht auslaufen, sondern ausgeweitet werden. Dieser Zuschlag von höchstens 140 Euro pro Kind steht erwerbstätigen Eltern zu, die zwar sich selbst ernähren können - nicht aber ihre Familie und deswegen Arbeitslosengeld II beantragen müssen.

Auf Details wollte sich der Sprecher des Arbeitsministeriums gestern nicht festlegen. Nur so viel ist deutlich: Bis Ende September soll ein Entwurf vorliegen, damit die Neuregelung zum 1. Januar in Kraft treten kann.

Die staatlichen Lohnzuschüsse sind schon länger in der Diskussion, weil immer mehr Hartz-IV-Empfänger zu den "Aufstockern" gehören. Rund 1,1 Millionen Menschen sind berufstätig und erhalten dennoch ergänzendes Arbeitslosengeld II. Mehr als 500.000 davon sind sozialversicherungspflichtig beschäftigt.

Auf der Kabinettsklausur in Meseberg Ende August wurde daher beschlossen, eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe einzusetzen. Ihr Auftrag: Wie lässt sich verhindern, dass Geringverdiener und Familien ins Arbeitslosengeld II abrutschen?

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Union, Norbert Röttgen, führte gestern in der Financial Times Deutschland schon einmal aus, wie sich CDU und CSU den Kombilohn vorstellen. In den Genuss des Staatszuschusses soll nur kommen, wer mindestens 30 Stunden pro Woche arbeitet. Die Bedürftigkeit soll nur ein einziges Mal geprüft werden und dann für drei Jahre gelten. Über die Höhe des Kombilohns schwieg sich Röttgen aus. Dafür wartete der Spiegel schon mit Zahlen auf, die offenbar aus der ersten Arbeitsgruppensitzung stammen. Danach sollen Alleinstehende einen Zuschuss von maximal 20 Prozent ihres Bruttolohns erhalten, wenn sie monatlich zwischen 800 und 1.300 Euro verdienen.

Zusätzlich soll der Kinderzuschlag von maximal 140 Euro so gestaltet werden, dass er häufiger beantragt werden kann. Denn bisher kommen nur rund 124.000 Familien in den Genuss dieser Zulage. Insgesamt, so der Spiegel, dürften der Kombilohn und die zusätzlichen Kinderzuschläge rund 800 Millionen Euro jährlich kosten.

Das Thema Kinderarmut drängt: Inzwischen leben fast zwei Millionen Kinder unter 15 Jahren von Hartz IV - so viel wie noch nie. Auch der Konjunkturaufschwung konnte diesen Negativrekord nicht verhindern.

Für die allermeisten Kinder in Hartz-IV-Familien wird sich allerdings durch den Kinderzuschlag nichts ändern. Sie müssen weiterhin von dem Regelsatz leben, der für unter 14-Jährige 208 Euro beträgt. Umgerechnet sind das ganze 2,29 Euro pro Tag, die für Nahrungsmittel zur Verfügung stehen. Für eine gesunde Ernährung reicht das nicht aus. Arbeitsminister Franz Müntefering (SPD) will daher bis November prüfen, ob sich der Kinder-Regelsatz um 10 Euro monatlich erhöhen lässt. Das würde weitere 500 Millionen Euro jährlich kosten.

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