Millionen für Jugendkultur: Kulturschock für Kinder

Nach heftiger Debatte entscheidet der Kulturausschuss, die kulturelle Bildung für Kinder und Jugendliche mit 3,6 Millionen Euro jährlich zu verstärken.

Im Zeitalter politisch inszenierter Bildungs- und Familienoffensiven macht jetzt auch Berlin seinem Nachwuchs ein dickes Geschenk. Es heißt "kulturelle Bildung" und besteht aus Geld, Büchern, Filmen, Malkursen, Tanz, eigenen Theater- oder Konzertprojekten und vielen kulturellen Angeboten mehr. Ab 2008 will die Landesregierung dafür einen Projektfonds in Höhe von 3,6 Millionen Euro jährlich für zusätzliche Bildungsangebote an Kitas, Grundschulen und Jugendeinrichtungen zur Verfügung stellen. Eine entsprechende Vorlage hat der Kulturausschuss im Abgeordnetenhaus am Montag bei seinen Beratungen für den Doppelhaushalt 2008/2009 einstimmig beschlossen.

Klaus Wowereit, Regierender Bürgermeister und zugleich Kultursenator, sowie sein Kulturstaatssekretär André Schmitz (beide SPD) haben damit für das rot-rote Prestigeprojekt "kulturelle Bildung" eine breite Unterstützung sicher. Schmitz appellierte trotzdem an die Abgeordneten, in "dieser wichtigen Frage weiter an einem Strang zu ziehen" und das Projekt bei den Parlamentsberatungen zu stützen.

Denn der Weg zur Einstimmigkeit verlief in der Sitzung keineswegs harmonisch. Im Gegenteil. Wolfgang Brauer (Linke) hatte den Antrag, die kulturellen Angebote für Kinder und Jugendliche zu verstärken, in das Gremium eingebracht. Berlin könne "nicht zufrieden sein mit der musischen Arbeit in den Schulen", sei es bei der Kunsterziehung oder dem Musikunterricht, so Brauer. Viel zu lange sei zudem über das Thema "hin- und her geredet" worden. Brauer: "Wir brauchen jetzt einen Durchbruch." Laut dem Abgeordneten würden damit 300.000 Kinder monatlich einen Euro Zuschuss für kulturelle Bildungsarbeit erhalten. "Das ist nicht viel, aber ein Anfang."

Auch Kulturstaatssekretär Schmitz warb für das rot-rote Koalitionsprojekt. Angesichts von Bildungsarmut und kulturellen Defiziten an Schulen und in den Haushalten sei es notwendig, "die Kultur wieder zur Jugend zu bringen". So sollten Schulen etwa Partnerschaften oder "Patenmodelle" mit Kulturinstitutionen eingehen und gemeinsam Projekte erarbeiten. Schmitz und Brauer mussten aber einräumen, dass bis auf diese Vorstellungen noch kein klares Konzept auf dem Tisch liege.

Das genau führte zum Krach. Weil die Gelder für das Projekt nicht allein aus dem Kulturetat kommen, sondern ressortübergreifend eingefordert werden sollen, verlangte der kulturpolitische Sprecher der FDP, Volker Thiel, das Thema zu vertagen, bis die Finanzierung stehe. Oliver Schruoffeneger (Grüne) und Michael Braun (CDU) kritisierten, dass das Geld bei der Kulturprojekte GmbH "zwischengeparkt" werde und nicht direkt an die Schulen verteilt würde. Schließlich fehle es an einem inhaltlichen Konzept, Auswahlkriterien und einem Verteilungsschlüssel.

Dass es doch zu der Einigung kam, lag an dem Einsehen, dass alle Fraktionen das Thema für zu wichtig erachteten, es durchfallen zu lassen. Man entschied, das Geld in den Haushalt einzustellen und - typisch Berlin - über die Details später zu streiten.

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