Kolumne Ökosex: Mit Ökosex aus der Krise

Was die SPD wirklich vorschlagen sollte, um die Herzen der Menschen zu gewinnen.

Diese Kolumne ist angetreten, Humor und Klimawandel zu versöhnen. Lachen ist bekanntlich die Mutter des Blockheizkraftwerkes. Nur ein lachender solarer Effizienzrevolutionär ist ein guter Effizienzrevolutionär. Nur wer gut gelaunt in Windparks investiert und mit einem Lächeln den Kältebrücken zu Hause den Garaus macht, kann einer griesgrämigen, braunkohleverwirrten Gesellschaft Leuchtturm und Vorbild sein.

Leider führt der heitere Oberton dieser Kolumne anscheinend dazu, dass ganz ernst gemeinte politstrategische Vorschläge als kleiner Spaß missverstanden und von Politik und Medien nicht genügend rezipiert werden - was das Beispiel Tempolimit und SPD zeigt. Hätte diese Partei nämlich Ökosex vor Wochen aufmerksam gelesen, wäre sie mit einem pfiffigeren Tempolimitvorschlag gekommen.

Dabei ist überdeutlich: Die Zeit ist reif für das Ökosex-Tempolimit, das allen bisherigen Vorschlägen überlegen ist. Wie aber sah das gleich aus? Für die SPD erklären wir es gerne nochmal. Der Ökosex-Vorschlag geht von folgender Überlegung aus: Wie kann man in möglichst kurzer Zeit möglichst viele Leute dazu bringen, kleinere, sparsame Autos zu kaufen? Mit einem allgemeinen Tempolimit von 130 km/h? Nein. Das bremst zwar Crazy Bleifuß ein bisschen, verändert aber noch nicht ruckizucki den Wagenpark.

Bekanntlich gibt es bei der deutschen Ober- und Mittelklasse schwere Vorbehalte gegen die automobile Klein- und Unterschicht (Erwin Huber). Dazu möchten die erst mal nicht gehören. Es sei denn, es gibt einen echten Anreiz, ein Incentive, wie wir in der Ökosex-Politikberatung gerne sagen.

Geld sparen hilft in diesem Fall nicht. Das ist bekannt. Der gut verdienenden Oberklasse gehen sowohl Benzinpreise als auch hohe Kfz-Steuern am Spoiler vorbei. Hier setzt Ökosex psychologisch an. Wovon träumen die Menschen? Was wollen immer noch 50 Prozent der Bevölkerung? Brettern, bis die Reifen qualmen! Diese Passion gilt es in richtige Autobahnen zu lenken.

Zur Erinnerung, liebe Genossen: Unser Vorschlag heißt "Unter 130 über 130". Wer ein Auto fährt, das weniger als 130 g/km CO2 ausstößt, der darf schneller als 130 km/h fahren.

Wer dagegen, aus welchen Gründen auch immer, mit seiner Schleuder mehr als 130 g/km CO2 emittiert, der muss sich leider an ein Tempolimit von 130 km/h halten. Bei Fahrzeugen über 200 g/km gilt sogar ein Sonderlimit von 103 km/h, was nur fair ist. Zur eindeutigen Identifizierung bekommt der Spritschlucker einen großen Aufkleber auf den Kofferraum mit LS drauf. Damit die Polizei auch gleich weiß, wer schleichen muss. LS steht für lahme Schnecke. Kapiert?

Die Idee: Die übermotorisierten Porsche-, BMW-, Mercedes- und Audifahrer machen das nervlich nicht lange mit. Ich gebe den Weicheiern höchstens drei Tage auf der Autobahn. Wenn erst mal hunderte Kleinwagen links an ihnen vorbeizischen, dann schleichen die geläuterten Raser heulend in ihr Autohaus und verlangen dringend nach einem sparsamen Fahrzeug.

Voilà! Damit wäre dem Klima, der Autoindustrie und auch den Schnellfahrern geholfen. Und der ewige Vorwurf der Freiheitsberaubung könnte gelassen abgeschmettert werden.

Natürlich haben wir alle möglichen Einwände gegen das revolutionäre Ökosex-Tempolimit bereits durchgespielt. Den Ökos und der Europäischen Kommission werden wir unter der Hand versichern, dass das natürlich nur ein Stufenplan ist. Wenn erst mal alle Raser einen Kleinwagen haben, dann könnte man erwägen, in einem zweiten Schritt doch noch 103 km/h für alle einführen.

Der Industrie werden wir klarmachen, dass die Leute natürlich weiter große und teure Autos kaufen werden. Nur würden diese eben nicht mehr auf der Autobahn, sondern auf der Kartbahn gefahren. Mit diesem Argument werden wir auch Schumi gewinnen, der bekanntlich in Kerpen eine Kartbahn betreibt.

Oh, Entschuldigung, da klingelt gerade mein Telefon.

Ah, es ist Kurt Beck.

MARTIN UNFRIED

ÖKOSEXFragen zum Tempolimit? kolumne@taz.de Montag: Jan Feddersen PARALLELGESELLSCHAFT

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