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Nach T-Mobile-AusstiegARD will Tour de France übertragen

Die Intendanten verstehen sich bei ihrem Treffen im neuen Bremer Funkhaus prächtig. Kein Wunder: Die ARD hat medienpolitisch Oberwasser.

Alles prima in der ARD: Intendanten trafen sich im Funkhaus von Radio Bremen Bild: dpa

Vom Mann des Tages selbst war nichts zu sehen im brandneuen Domizil von Radio Bremen: Volker Herres, designierter Programmdirektor der ARD, ging vermutlich brav seinem derzeitigen Job als Fernsehdirektor beim NDR nach. Dafür fand die in Bremen versammelte ARD-Spitze lobende Worte für Herres - und sich selbst. Alle wichtigen Personalentscheidungen des Jahres seien einmütig im Kreis der sonst nicht immer so einigen ARD-IntendantInnen getroffen worden, lobte der ARD-Vorsitzende Fritz Raff. Und weil der Journalist Herres nun doch ein ganz anderer Typ Programmdirektor zu werden verspricht als sein offiziell erst zum Oktober 2008 scheidender Vorgänger Günter Struve, beeilte sich auch der, seine ganze Freude kundzutun: Als "im Grunde ja schleswig-holsteinischer Bauer" habe er, Struve, "ja wenig Ansprüche - außer, dass das Erbe geordnet ist". Herres sei da die "richtigste Entscheidung", "mein Traumkandidat".

Also alles prima in der ARD, von ein paar Querelen um den seltsam abgeschotteten, internen Festakt zur Feier des neuen Bremer Funkhauses mal abgesehen. Nach dem für sie mehr als traumhaften Ausgang des Karlsruher Gebührenurteils vom September hat der öffentlich-rechtliche Senderverbund medienpolitisch Oberwasser. Der komplexe, von der EU-Kommission verordnete Drei-Stufen-Test, mit dem künftig neue öffentlich-rechtliche Programmvorhaben auf ihre Sinnhaftig- und Notwendigkeit geprüft werden sollen, steht. Er wird, gemäß der gebotenen Staatsferne, zu einer ARD-internen Angelegenheit. Bei der "Interessierte Dritte", derzeit also vor allem die Privatsender oder Verleger, zumindest gehört werden. Die Entscheidung obliegt aber weiterhin den jeweiligen Rundfunkräten der ARD-Sender. Und die werden wohl kaum ein ARD-Vorhaben von sich aus als abwegig bezeichnen und zum Scheitern bringen.

Ob Brüssel dieser Umsetzung der EU-Vorgaben - die die deutsche Medienpolitik bis 2009 noch in einen neuen Rundfunkstaatsvertrag gießen muss - viel abgewinnen kann? Dort hatte man eher eine teilweise externe Prüfung wie bei der britischen BBC gemeint. Doch dies scheint nun zweitrangig, auch wenn Raff betont, man habe 2008 die Brust frei für die Medienpolitik.

Ansonsten blieben bei der turnusmäßigen Tagung der ARD-Granden diverse kleiner Baustellen weiter offen: Die Tour de France 2008 wird auch trotz T-Mobile Ausstieg übertragen, so Raff. Bei der Deutschlandtour müsse man dagegen abwarten, ob mangels Sponsor überhaupt was zu übertragen bleibt. Die Baustelle Sponsoring in der ARD, von WDR-Intendantin Monika Piel mehrfach angestoßen, wurde dagegen gar nicht erst aufgemacht: Dies sei ein "Thema, dem wir nicht näher treten", sagte Raff - denn es fehlt in der ARD hier und da zwar nicht am guten Willen, diese umstrittene, verkappte Werbung abzuschaffen. Dafür mangelt es schlicht an Ideen, wie man die dann fehlenden Summen ausgleichen soll.

Denn Einbußen sieht die ARD schon genug auf sich zukommen. Die für die Gebührenermittlung zuständige KEF-Kommission präsentiert ihre Empfehlungen zwar erst im Januar, doch dürften die Öffentlich-Rechtlichen viel weniger bekommen, als sie beantragt hatten.

Aber bald erschließt sich ja eine neue Einnahmequelle: Die ARD hatte den erzürnten Zeitungsverlegern schon mehrfach Kooperationen angeboten. In Bremen bekam nun eine ARD-Arbeitsgruppe den Auftrag, die rechtlichen Bedingungen und inhaltlichen Möglichkeiten für diese ganz neue Art der "freien Mitarbeit" zu prüfen.

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