Öffentlicher Dienst: Ver.di erwartet "harte Tarifrunde"

Die am Donnerstag beginnenden Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst werden hart. Streik ist nicht ausgeschlossen.

Höchste Forderung seit 15 Jahren: Mindestens 200 Euro sollen Krankenschwestern mehr bekommen Bild: dpa

BERLIN taz Krankenschwester Sabine Örtlek arbeitet auf der onkologischen Station der Städtischen Kliniken in Frankfurt am Main. Morgens versorgt die 28-Jährige allein zehn krebskranke Patienten. Früh-, Spät- und Nachtschichten wechseln sich ab, manchmal muss Örtlek spontan am Wochenende einspringen. "Wenn ich nach Hause komme, bin ich fix und fertig", sagt sie. "Für die anstrengende Arbeit und die psychische Belastung ist die Bezahlung ein Hohn."

Örtlek verdiente etwas über 1.400 Euro netto, als sie noch Vollzeit arbeitete - inzwischen hat sie wegen ihres Kindes reduziert. Für sie und 1,3 Millionen Beschäftigte des öffentlichen Dienstes von Bund und Gemeinden geht es ab Donnerstag um mehr Geld: Vertreter der Gewerkschaft Ver.di und des Deutschen Beamtenbundes (DBB) treffen sich zum Auftakt der aktuellen Tarifrunde mit den Arbeitgebern in Potsdam. Vieles deutet auf ein hartes und langwieriges Ringen hin.

Die Gewerkschaften haben die höchste Forderung seit 15 Jahren gestellt: 8 Prozent mehr Lohn für die Beschäftigten, mindestens jedoch ein Plus von 200 Euro. Die Vergütung für Auszubildende soll um 120 Euro steigen, so der Wunsch der Arbeitnehmervertreter - und das alles bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Die Beschäftigen hätten lange Verzicht geübt, sagte Ver.di-Chef Frank Bsirske. Seit Jahren stiegen die Preise und sinke die Kaufkraft, nun müssten die Beschäftigten am Aufschwung beteiligt werden. "Eine harte Tarifrunde" erwartet Ver.di-Vorstand Achim Meerkamp, der mit in der Verhandlungsrunde sitzt. "Aber wir sind gut aufgestellt und bereit, mit den Arbeitgebern heftig zu streiten und für unsere Forderungen zu kämpfen." Bsirske hatte zuvor mit Streik gedroht.

Ihre Forderungen unterfüttert die Gewerkschaft mit Zahlen des Bundesfinanzministeriums. Danach sind die Steuereinnahmen der Gemeinden von 47 Milliarden Euro im Jahr 2003 auf 66 Milliarden im Jahr 2007 gestiegen. Thomas Böhle, der Präsident der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände, hält die Gewerkschaftsforderung für "populistisch überzogen und realitätsfern". Trotz steigender Einnahmen hätten die deutschen Kommunen nach wie vor Schulden in Höhe von 110 Milliarden Euro. "Ein solch hoher Gehaltsaufschlag führt lediglich dazu, dass Jobs im öffentlichen Dienst abgebaut und dass Outsourcing und Privatisierung beschleunigt werden."

Besonders in niedrigen Lohngruppen bedeute eine Mindestzahlung von 200 Euro einen Aufschlag von über 15 Prozent. "Im öffentlichen Personennahverkehr, der Entsorgungswirtschaft und anderen personalintensiven Bereichen würden die Kosten explodieren", sagte Böhle. Die Arbeitgeber kontern mit der Forderung längerer Arbeitszeiten: Eine flächendeckende 40-Stunden-Woche und der Ausbau der Leistungsbezahlung seien nötig.

Für die Verhandlungen haben sich erstmals Ver.di und der Beamtenbund zusammengeschlossen, die Verhandler werden bis Freitag Positionen austauschen. Der DBB hofft, bis Ende April eine Einigung zu erzielen.

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