Kommentar Prodi-Regierungskrise: Italien in Agonie

Das Regierungsbündnis von Romano Prodi ist so zerrüttet. Es ist auch dann nicht mehr zu retten, wenn Prodi überraschend die Vertrauensabstimmung gewinnen sollte.

Totgesagte leben länger. Immer wieder gelang Silvio Berlusconi der Beweis, dass diese Weisheit stimmt, zumindest in der italienischen Politik. Er, der 1994 als Ministerpräsident scheiterte, dann 1996 die Wahlen verlor und auch im Jahr 2006 nach fünf Jahren an der Regierung abgewählt wurde, gilt heute erneut als der kommende Mann.

Zu verdanken hat er das vor allem sich selbst: In weiser Voraussicht ließ er noch schnell vor den Wahlen 2006 ein neues Wahlrecht durchpauken, dem auch von Ministern seines Lagers bescheinigt wurde, es sei eine "Sauerei". Der gewünschte Effekt blieb nicht aus: Nachfolger Romano Prodi musste mit einer hauchdünnen Mehrheit regieren.

Zu verdanken hat Berlusconi sein fast unabwendbar erscheinendes Comeback aber auch dem Lager seines Konkurrenten Romano Prodi. Dessen zahlreichen Koalitionspartner pflegen verbissen eine Streitkultur, in der die Interessen des "Union" genannten Bündnisses meist gar nicht vorkommen, die Anliegen der je eigenen Partei aber sehr groß geschrieben werden. So weit ging der Krach am Ende, dass auch der größte Partner, die Demokratische Partei, ankündigte, bei den nächsten Wahlen werde sie sowieso allein antreten, ohne die bisherigen Partner.

So blieb am Ende nur noch ein wirklicher Sachwalter der "Union": Romano Prodi selbst. Auch er ist einer, der immer wieder bewiesen hat, dass Totgesagte länger leben. Nur musste er, anders als Berlusconi, den Beweis nicht alle paar Jahre antreten, sondern zuletzt Woche für Woche. Prodi hat gute Gründe, auf einige Erfolge seiner Regierung hinzuweisen. Der Trotz, mit dem er weitermachen will, ist verständlich. Doch in seiner Rede vor dem Parlament ging er mit keinem Wort darauf ein, wie es um seine Koalition bestellt ist, und hatte nichts dazu zu sagen, wie er sich ein Weitermachen mit Partnern vorstellt, die ihre Hauptenergien in den koalitionsinternen Grabenkrieg investieren.

Mag sein, dass noch ein Wunder geschieht und Prodi gegen alle Wahrscheinlichkeit auch im Senat die Vertrauensabstimmung gewinnt. Doch ein Neuanfang wäre das nicht. Sondern bloß die Verlängerung der Agonie.

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Promovierter Politologe, 1985-1995 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Unis Duisburg und Essen, seit 1996 als Journalist in Rom, seit 2000 taz-Korrespondent, daneben tätig für deutsche Rundfunkanstalten, das italienische Wochenmagazin „Internazionale“ und als Wissenschaftlicher Mitarbeiter für das Büro Rom der Friedrich-Ebert-Stiftung.

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