Eintracht Frankfurt vor der Rückrunde: Endlich Mittelmaß!

Eintracht Frankfurt ist nach der Verpflichtung des teuersten Spielers der Vereinsgeschichte um Zurückhaltung und Realitätssinn bemüht

Teurer Hoffnungsträger: Frankfurt-Neuzugang Caio. Bild: dpa

FRANKFURT taz Heribert Bruchhagen ist etwas anders als der typische Bundesligamanager. Das macht der Vorstandsvorsitzende der Frankfurter Eintracht mit fast jedem Satz und jeder Geste deutlich. Wenn er das Wort Mittelmaß benutzt, dann klingt das bei ihm wie eine Verheißung. Aufgrund dieser Zurückhaltung bezüglich der sportlichen Ziele überrascht es den Beobachter auch nicht, wenn er sich Bruchhagens Handy näher anschaut.

Wo andere Macher des Profigeschäfts kleine Mini-Laptops stets modernster Prägung ans Ohr führen, um damit ihre Geschäfte zu erledigen und auf ihre Wichtigkeit hinzuweisen, da greift sich der 59 Jahre alte Ostwestfale ein sechs bis sieben Jahre altes Modell eines in Deutschland derzeit nicht sehr wohlgelittenen Herstellers. "Das Gerät reicht völlig für meine Bedürfnisse", sagt Bruchhagen mit einem gewissen Stolz des Bescheidenen über seine kommunikationstechnische Antiquität.

Ebenso konservativ wie im Umgang mit seinem Handy lässt sich der Fußballmanager auch in seinem beruflichen Alltag nicht von seinem Kurs des langsamen Wachstums abbringen, mit dem er die Frankfurter Eintracht in den vergangenen vier Jahren von einem Zweitligaclub mit großen finanziellen Problemen zu einem etablierten Bundesligaverein entwickelt hat. Folgerichtig müht sich Bruchhagen derzeit nach Kräften, die vor dem Rückrundenauftakt bei Hertha BSC Berlin (Samstag, 15.30 Uhr) aufkommende Euphorie rund um die Eintracht im Keim zu ersticken.

In den vergangenen Wochen hat der Club immerhin acht Millionen Euro investiert, um die beiden vielgepriesenen Talente Martin Fenin aus Tschechien und Caio aus Brasilien für je viereinhalb Jahre nach Frankfurt zu lotsen und obendrein auch noch den griechischen Nationalmannschaftsstürmer Evangelos Mantzios von Panathinaikos Athen auszuleihen.

Vor allem die Verpflichtung Caios, des teuersten Spielers der Vereinsgeschichte, weckt dabei große Hoffnungen unter den Fans. Ein Wiedergänger Ballacks sei dem Club in die Fänge gegangen, schwärmten die Eintracht-Anhänger in Internetforen. Tatsächlich erinnern die Bewegungsabläufe des erst 21 Jahre alten Brasilianers erstaunlich stark an den Kapitän der deutschen Nationalmannschaft. Lediglich Friedhelm Funkel, Caios Trainer, will die Ähnlichkeit vor dem Spiel in Berlin nicht wirklich wahrnehmen. "Ich vergleiche nie einen Spieler mit einem anderen. Jeder ist für sich eine ganz eigene Spielerpersönlichkeit", sagt Funkel.

Der 54 Jahre alte Trainer will offensichtlich mit aller Macht vermeiden, dass die winterlichen Einkaufsaktivitäten in irgendeiner Weise den Druck auf sein Team erhöhen, in der Rückrunde mehr als den Halbzeit-Tabellenplatz neun erreichen zu müssen. "Wir haben mit Streit, Takahara und Thurk drei sehr erfahrene Bundesligaspieler verloren und nun junge, unerfahrene Akteure verpflichtet", sagt Funkel. "Wie soll sich da die Erwartungshaltung erhöhen?"

Beim Tritt auf die Spaßbremse liegt der Oberrealo unter Deutschlands Fußballlehrern auf einer Wellenlänge mit seinem Vorstandschef Heribert Bruchhagen. "Wer die Leute hier von der Vergangenheit reden hört, der denkt, die Eintracht war früher über Jahrzehnte eine große Nummer. Aber das war sie nicht", entgegnet der Vereinsboss den Träumern und bestärkt seine Ansicht mit dem Blick auf eine aussagekräftige Statistik. "In der Ewigen Bundesligatabelle ist die Eintracht nicht vorne mit dabei, sondern an zehnter Stelle."

Tatsächlich zählte Frankfurt selbst in seinen goldenen Zeiten mit Kickern wie Grabowski oder Hölzenbein nie zu den konstantesten Clubs der Bundesliga, stattdessen wankte die Eintracht des öfteren am Abgrund eines Lizenzentzugs. Vor erst fünfeinhalb Jahren konnte der Todesstoß gerade noch durch eine Kraftanstrengung des Vereins im Zusammenspiel mit der hessischen Landespolitik vermieden werden - auf der Gegenseite saß damals übrigens für die DFL ausgerechnet deren einstiger Geschäftsführer Bruchhagen. Erst dessen Wechsel auf den Posten des Vorstandschefs der Fußball AG Ende 2003 brachte die Eintracht dann auf den Kurs eines soliden und beachtlichen Neuaufbaus, der aber nach der tiefen Überzeugung Bruchhagens lediglich ins Mittelmaß führen kann.

"Die Ränge fürs internationale Geschäft sind auf absehbare Zeit vergeben an die großen Clubs, und diese Schere geht aufgrund der Verteilung der Fernsehgelder immer weiter auseinander", sagt der Eintracht-Boss. Unzufrieden klingt er dabei überhaupt nicht.

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