Autoverkehrs-Gegner im Tunnelstreit

Das Volksbegehren „Für ein lebenswertes Bremen“ nimmt die erste Hürde. Doch die Initiatoren liegen im Clinch: Reicht es, die Aufweitung des Concordia-Tunnels zu verhindern? Oder geht es grundsätzlich um „nicht mehr Platz für Autos“ in der Stadt?

Kein Volksbegehren? „Dann würden sich einige einigermaßen angeschissen fühlen“

Bremen taz ■ Olaf Dinné, der Mozarttrassen-Kämpfer, verkündet es mit einem Lächeln auf den Lippen. „Wir haben sozusagen das Messer“, sagt er, die Hände übereinandergelegt, die Füße hinter den Stuhlbeinen verhakt, „das Messer, mit dem wir den chirurgischen Schnitt machen wollen“. Und Jens Böhrnsen, SPD-Bürgermeister, soll es überreicht bekommen.

Noch liegt das „Messer“ vor Dinné auf dem Tisch. Es ist ein roter Plastik-Ordner mit 6.000 Unterschriften: „Antrag auf Zulassung eines Volksbegehrens“ steht darüber, Inhalt: ein Gesetzentwurf, der in und um die Innenstadt herum alle Baumaßnahmen verbietet, „die den Verkehrsraum für den motorisierten Individualverkehr erweitern“. 4.000 Unterschriften würden reichen, um das Volksbegehren in Gang zu setzen.

Doch soweit will Dinné noch nicht gehen. Böhrnsen und der Senat sollen eine letzte Chance bekommen. Sie liegt am Anfang der Schwachhauser Heerstraße und heißt: Concordia-Tunnel. Alle Autos, die hier in die Stadt wollen, müssen diesen Durchgang passieren – ein Nadelöhr, das der Senat im Zuge des Ausbaus der Schwachhauser Heerstraße vergrößern möchte.

Olaf Dinné und seine Mitstreitenden wollen genau das verhindern. „Wenn der Concordia-Tunnel nicht aufgeweitet wird, dann würden wir erwägen, vom Volksbegehren Abstand zu nehmen“, lockt Dinné, das „Messer“ in der Hand.

Und erntet prompt Widerspruch aus den eigenen Reihen. „Für mich wäre die Sache nicht gegessen“, sagt Jan Saffe, auch er Vertrauensperson des Volksbegehrens und zwei Stühle neben Dinné platziert. Der Gesetzentwurf ziele eben nicht nur auf den Concordia-Tunnel, sondern auf alle autoverkehrs-fördernden Baumaßnahmen zwischen Erdbeerbrücke, Schwachhauser Ring, B 75 und Neuenlander Straße. Für einen Erfolg beim Concordia-Tunnel all dies wieder vergessen? „Dann würden sich einige einigermaßen angeschissen fühlen“, prophezeit Saffe. Schließlich hätten längst nicht nur AnwohnerInnen aus Schwachhausen für das Volksbegehren unterschrieben. Und einige den darin bezeichneten Verbotsbereich für weitere Straßenausbauten sogar ausdrücklich als „zu klein“ bezeichnet. „Wir vertreten da zwei unterschiedliche Positionen“, betont Saffe mit Blick auf Dinné.

Der blieb bei seiner Position: Werde der Concordia-Tunnel erweitert, sei damit die „Schleuse“ quer durch die Stadt geöffnet, bei erwarteten 40 Prozent mehr LKW bis 2010 werde auch die Neustadt-Autobahn A 281 schnell verstopft sein – was die Laster dann wieder auf die mautfreie Innenstadt-Trasse lenke. Mit einem verbreiterten Tunnel rücke auch der Abriss der verhassten Hochstraße wieder weiter in die Ferne. Lenke der Senat in Sachen Concordia-Tunnel ein, sei das daher ein großer Erfolg – wohingegen es „auch eine gewisse Schwierigkeit“ darstellen könne, die für das Volksbegehren nötigen 50.000 Unterschriften binnen dreier Monate zusammenzubekommen.

Der Streit über das weitere Vorgehen könnte sich indes bald von allein erübrigen. Dass Bausenator Jens Eckhoff (CDU) nämlich auf die seit Jahren geplante Erweiterung der Eisenbahn-Unterführung verzichtet, ist äußerst unwahrscheinlich. Der Planfeststellungsbeschluss zum Ausbau der Schwachhauser Heerstraße solle „noch dieses Jahr“ ergehen, teilte sein Sprecher mit, und zwar in der „politisch beschlossenen Variante“. Das ist die autofreundliche. Und Böhrnsen hatte noch nicht mal zur Unterschriften-Übergabe Zeit. Armin Simon