Ralph Nader im Rennen ums Weiße Haus: Der Schrecken der Demokraten

Aussichtslos aber womöglich wahlentscheidend? Verbraucheranwalt Ralph Nader wird erneut als Parteiloser bei den US-Präsidentschaftswahlen antreten. Die Grünen setzen auf andere Köpfe.

Nader ist jetzt der Älteste im der potenziellen Präsidentschaftskandidaten. Bild: dpa

WASHINGTON taz Endlich mal wieder eine gute Nachricht für John McCain, den durch Berichte über eine angebliche Affäre mit einer Lobbyistin zuletzt so gebeutelten US-Präsidentschaftskandidaten der Republikaner. Seit Sonntag ist der 71-Jährige zumindest nicht mehr der älteste Bewerber für das mächtigste Amt der Welt. Bedanken kann er sich bei dem 73-jährigen Verbraucheranwalt Ralph Nader, der sich als Parteiunabhängiger nach 1996, 2000 und 2004 auch in diesem Jahr wieder in einen völlig aussichtslosen Sturm aufs Weiße Haus begibt -- und damit den Demokraten bei der Wahl im November wertvolle Stimmen klauen könnte.

Weder Barack Obama noch dessen demokratische Konkurrentin Hillary Clinton und schon gar nicht John McCain seien sich der tatsächlichen Probleme in den USA bewusst, sagte Nader jüngst im US-Fernsehen. Die Hauptstadt Washington sei "von Unternehmen besetztes Gebiet", niemand vertrete ernsthaft Arbeiterinteressen, das Pentagon sei ein einziges Milliardengrab. "In diesem Zusammenhang habe ich entschieden, mich um das Präsidentenamt zu bewerben", begründete Nader seinen Schritt.

Die Republikaner frohlocken, den Demokraten treibt die Ankündigung hingegen mitten in ihrer Kandidateneuphorie die Sorgenfalten auf die Stirn. Zu gut ist vielen noch das Wahlergebnis im Jahr 2000 in Erinnerung. Damals erreichte Nader als Kandidat der Grünen Partei zwar lächerliche 2,7 Prozent der Stimmen. Und doch wird er bis heute das Image nicht los, mit seinen Stimmen George W. Bush den Weg ins Weiße Haus geebnet zu haben: Denn in den Staaten Florida und New Hampshire lag Bush damals so knapp vor seinem Konkurrenten Al Gore, dass Naders Stimmen dem Demokraten zum Wahlsieg verholfen hätten.

Hillary Clinton nannte Naders Entscheidung, bei den kommenden Präsidentschaftswahlen anzutreten, "sehr unglücklich" und schob hinterher: "Schon von seiner letzten Kandidatur profitierte niemand -- am wenigsten unser Land." Ihr Konkurrent Barack Obama, dem Nader zuvor vorgeworfen hatte, substanzlos zu sein, sagte: "Mr. Nader denkt, man ist substanzlos, wenn man nicht allen seinen politischen Ideen zuhört und sie übernimmt."

Dabei ist höchst fraglich, ob Nader im November entscheidenden Einfluss darauf haben wird, wer als 44. Präsident der USA ins Weiße Haus einziehen wird. Zum einen ist ein abermaliges Fotofinishergebnis, bei dem Naders Stimmen tatsächlich relevant werden könnten, zwar nicht ausgeschlossen, aber eher unwahrscheinlich. Zum anderen scheint der Stern Naders zu sinken. Im progressiven Wählermilieu genießt der Anwalt zwar noch immer großes Ansehen. Sein jahrzehntelanger Kampf gegen die Macht der Konzerne, insbesondere auf dem Gebiet der Autoindustrie, und sein Einsatz für Umwelt- und Arbeitsschutz gilt nicht nur Globalisierungsskeptikern als heldenhaft. Entsprechend respektabel war sein Ergebnis als Kandidat der Grünen im Jahr 2000. Ohne die Parteibasis war er allerdings vier Jahre später hoffnungslos verloren: Er erreichte 0,3 Prozent. Wenig spricht dafür, dass sich an diesem Resultat im November substantiell etwas ändern könnte.

Wohl auch deshalb, weil er die eine oder andere Stimme an die Grüne Partei wird abgeben müssen, bei der -- weitgehend unbemerkt -- noch fünf Kandidaten um die Nominierung ringen. Am aussichtsreichsten ist Cynthia McKinney, eine durchaus erfahrene Parlamentspolitikerin. Von 1993 bis 2003 war die 52-Jährige Mitglied der demokratischen Fraktion im Repräsentantenhaus, zog sich allerdings durch wirtschaftsfeindliche Initiativen den Ärger des Parteiestablishments zu und verlor ihren Sitz. Manchem mag sie auch noch aus Zeiten kurz nach den Anschlägen vom 11. September 2001 bekannt sein, als sie mit verschwörungstheoretisch gefärbter Kritik an der Bush-Administration Aufsehen erregte. Nicht einmal mit ihrem Einsatz für eine lückenlose Aufklärung der mangelhaften Rettungsmaßnahmen der Regierung nach dem Hurrikan Katrina konnte sie sich in ihrer Partei rehabilitieren.

Im September 2007 verließ sie die Demokraten und und ließ sich einen Monat später offiziell bei der Wahlbehörde als Kandidatin der Grünen registrieren. Und die scheinen sie umgehend ins Herz geschlossen zu haben -- zumindest hat McKinney schon eine ganze Reihe von grünen Vorwahlen für sich entscheiden können.

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