: Verwirrende Vielfalt
Fußballkucken wann, wie und wo? Kleiner Leitfaden durch die neuen Programmpläne
Interessieren Sie sich für Fußball? Also, jetzt nicht nur alle paar Jahre mal, wenn wieder irgendwo ein internationales Turnier stattfindet. Wie vor zwei Jahren in - wo war das noch? - ja genau: hier ganz in der Nähe. Sie erinnern sich doch noch, oder? Dieser fantastische Sommer 2006 mit dieser wunderbaren Partystimmung in diesem tollen, von einer federleichten Fröhlichkeit erfassten Ganzandersalssonstdeutschland? Da hat sich ja jeder - wirklich jeder! - anstecken lassen. Da gabs ja keinen mehr, der sich nicht begeistert hat. Das ging ja gar nicht anders. Schon alleine wegen der vielen öffentlichen Bildschirme.
Jedes Bierverkaufsgeschäft hatte die Möbel nach draußen gestellt und einen nigelnagelneuen, ganz flätten Flatscreen aufgehängt. Ganz zu schweigen von den richtig großen Plätzen mit den richtig riesigen Breitwandbeamern. Sie wissen schon: Öffentlich kucken, zu deutsch: Public Viewing. Haben Sie auch gemacht, oder? Ja sicher. Ich habe Sie doch gesehen. Wurde ja alles im Fernsehen übertragen und wird jetzt bald als Europameisterschaft 2008 wiederholt. In Österreich und in der Schweiz, mit deutschen Untertiteln.
Die Frage lautete aber nicht: Gehen Sie alle zwei Sommer mit zigtausend anderen Biertrinkern öffentlich Breitwandkucken? Sondern: Interessieren Sie sich für Fußball? Also zum Beispiel: Erzgebirge Aue gegen Greuther Fürth? Nicht so? Na ja, ist vielleicht auch eher was für Feinschmecker. Dann nehmen wir mal zwei richtige Erstliga-Knaller: Energie Cottbus gegen Hansa Rostock? Ja? Na also, geht doch. Und? Wo kucken Sie sich das an? "Sportschau"? ARD? "Sportstudio"? ZDF? DSF? Pro7? Premiere? Telekom? Internet?
Ist doch irre, dieses Angebot, oder? Diese unglaubliche Vielfalt. Wer da alles Rechte gekauft und verkauft und bekommen und abgegeben hat. Extrem kompliziert. Ich blicke da kaum mehr durch. Obwohl ich schon anlässlich des Premiere-Arena-Premiere-Hin-und-Her-Wechsels angefangen habe, Sekundärliteratur zu lesen. Nein, nicht die Baumarktbeilagen, in denen montags immer Pay-TV-Decoder-Pakete mit Bundesliga-Schnüffel-Abos oder so was Ähnliches angeboten werden. Ich meine richtige Fachliteratur. Die Medienseiten von seriösen Tageszeitungen zum Beispiel sind voll mit Meldungen zum Thema. Und trotzdem oder gerade deswegen: Die Verwirrung hat eher zugenommen.
Jetzt war zu lesen, die KF 15 GmbH habe die Vereinbarung mit der DFL getroffen, ab der Saison 2009/2010 am Samstag eins weniger, dafür aber drei Spiele am Sonntag zu übertragen. Manche am späten Nachmittag, manche am früheren. Außerdem soll es ein Samstags-Topspiel um 20.15 Uhr geben, das vielleicht von der ARD gezeigt wird oder vielleicht auch nicht. Die KF 15 GmbH ist übrigens die TV-Rechteverwertungsfirma des Helmut-Kohl-Kumpels Leo Kirch. Der war mal sehr insolvent, das hat sich aber zwischenzeitlich wieder gelegt. Die DFL ist die Deutsche Fußball Liga. Sie ist alles andere als insolvent, was daran liegt, dass sie ihre Fernsehrechte für 500 Millionen Euro pro Saison an die Firma Sirius verkauft hat, die wiederum ein Tochtergeschwulst der KF 15 GmbH des Herrn Kirch ist.
Verstehen Sie das? Nicht? Das sollten Sie aber, wenn Sie sich für Fußball interessieren. Also, wenn Sie Fußball kucken wollen. Wenn Ihnen das aber alles zu kompliziert ist, hätte ich da noch einen Tipp. Das ist mehr was für so einfach Strukturierte wie mich: Ins Stadion gehen. Das geht so: Eintrittskarte kaufen, reingehen, kucken. Selbstverständlich nur, wenn dort ein Spiel stattfindet. Die Anstoßzeiten entnehmen Sie bitte den Fernsehprogrammzeitschriften.
FRITZ ECKENGA
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