Milder Winter hilft Killermilben: Stirbt jedes zweite Bienenvolk?

Viele Hobbyimker melden schon tote Bienenstöcke. Experten fürchten, der zweite milde Winter in Folge könnte zum Tod von bis zu 450.000 Bienenvölkern führen.

Milben machen ihr das Leben schwer. Bild: dpa

POTSDAM dpa Brandenburger Imker befürchten in diesem Frühjahr ein großes Bienensterben, das auch bundesweit zahlreiche Bienenvölker treffen könnte. "Nach diesem Winter werden viele Züchter einen Großteil ihrer Bienenvölker verloren haben", sagt der Vorsitzende des Landesimkerverbandes, Rainer Gabriel, in Potsdam. Er verweist auf Schätzungen vom Herbst 2007, wonach die Ausfälle zwischen 30 und 50 Prozent betragen könnten. Dieser Wert gelte nicht nur für Brandenburg, sondern möglicherweise für ganz Deutschland. Die kommenden Wochen würden zeigen, ob die Befürchtungen tatsächlich wahr werden.

Als Grund wird der milde Winter genannt und vor allem die Varroa-Milbe, die die Bestände dezimiert. Nur wenn die Bienen bei Schnee und richtigem Frost keine Brut mehr haben, könne der Parasit gezielt bekämpft werden. "Das ist weder im Winter 2006/07 noch in diesem Winter der Fall gewesen", sagt Kaspar Bienefeld, Leiter des Länderinstituts für Bienenkunde in Hohen Neuendorf. Dadurch habe sich der Schädling im vergangenen Frühjahr und über die Sommermonate stark entwickelt und die Bienenvölker geschädigt.

Bei einem Bestand von 900.000 Bienenvölkern in Deutschland sei mit einem Verlust zwischen 300.000 bis 450.000 Völkern zu rechnen, lautet die Prognose. Bereits jetzt hätten viele Hobbyimker auch in Brandenburg Totalausfälle gemeldet, hieß es. Das tatsächliche Ausmaß werde sich erst im späteren Frühjahr zeigen.

Das Problem wird auf der 55. Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft der Bieneninstitute diskutiert, sagte der Institutsleiter. Erwartet werden an diesem Mittwoch rund 100 Wissenschaftler aus Deutschland und dem Ausland. Die dreitägige Veranstaltung findet in Liebenwalde bei Hohen Neuendorf statt.

Folge des Bienensterbens werde eine fehlende Bestäubungsleistung in Feld und Flur sein. Außerdem werde es auch deutlich weniger Honig auf dem Markt geben. Neben den klimatischen Veränderungen nennt Bienefeld fehlendes Wissen der Imker als Grund der Misere. Das Institut bietet deshalb Schulungen an, bei denen die richtige und erfolgreiche Bekämpfung der Parasiten erläutert wird.

Im Herbst 2007 sei in den USA nach einem großen Bienensterben festgestellt worden, dass die Larven der Milbe, die sich vom Blut der Bienenbrut ernähren, einen Virus übertragen, der die Jungbiene erheblich schädigt. Die Biene verkümmert und schlüpft ohne Flügel. Bei einem starken Befall könne das Volk nicht mehr gerettet werden, erklärt Bienefeld.

Die Verluste könnten durch stetige Völkervermehrung in ein bis zwei Jahren wieder ausgeglichen werden, die Bienenpopulation werde dann überleben. Ein Problem sei, dass Hobbyimker im Schnitt 63 Jahre alt sind. "Ich glaube nicht, dass sich alte Imker bei so hohen Völkerverlusten wieder neue Bienenvölker anschaffen werden", befürchtet Bienefeld. "Ein Großteil wird die Imkerei aufgeben." Das ist dramatisch, weil vor allem in Ostdeutschland nach der Wende etwa 75 Prozent der Imker ihre Bienenvölker abgeschafft hätten.

Damit bestehe vor allem in den neuen Ländern die Gefahr, dass das Hobby Imkerei, aber auch der Berufsstand nahezu aussterben könnten. 98 Prozent der Imker in Brandenburg seien dies nur in der Freizeit. Darum müsse die Milbe effektiver bekämpft werden. Ein weitere Weg sei die spezielle Zucht von Bienenvölkern, die eine hohe Toleranz gegenüber den Schädlingen aufweisen. Doch hier stehe man noch am Anfang der Entwicklung, bedauert Bienefeld.

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