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"Alphamädchen"-Autorin Susanne Klingner"Der Sex wird auch besser"

Susanne Klingner erzählt der taz, warum sie Alice Schwarzers PorNo-Standpunkt ablehnt und Sarah Kuttners "Playboy"-Fotos für unkritischen Umgang mit Sexismus hält.

"Alle, alle nehmen die Pille. Das ist krass." Bild: dpa

taz: Frau Klingner, Sind Sie volljährig?

Susanne Klingner: Ja, schon lange.

Warum bezeichnen Sie drei sich dann als "Mädchen"? Soll man Sie nicht für voll nehmen?

Doch. Aber in unserer Generation bezeichnen sich viele bis dreißig eben noch als Mädchen. Alphafrauen, das klingt nicht so sympathisch.

Intelligente Frauen haben sich mit Ihren Themen wie Schönheitsterror oder Diskriminierung im Beruf längst auseinandergesetzt. Wer braucht Ihr Buch?

Viel junge Frauen denken, sie lebten doch schon selbstbestimmt und brauchten keinen Feminismus mehr. Aber wenn man genauer hinguckt, sind sie nicht so selbstbestimmt.

Wo sehen Sie das?

Sie denken: Hm, ich habe den Job nicht bekommen, weil der Typ halt besser war. Oder später: Ich verdiene eben weniger Geld als mein Freund und bleibe deshalb mit dem Kind zu Hause. Die Summe dieser Erlebnisse bildet ein System. Das muss man erst mal kapieren.

Anja Weber

SUSANNE KLINGNER

Geboren: 17. Juni 1978 in Berlin-Mitte.

Beruf: Studium der Journalistik und Politologie in Leipzig, Volontariat bei der taz. Seit 2005 freie Journalistin in München, u. a. für das SZ-Magazin, emotion und fluter.

Privat: Ein fester Freund, viele Freundinnen.

Aktuelles Buch: Mit Meredith Haaf und Barbara Streidl: "Wir Alphamädchen. Warum Feminismus das Leben schöner macht", Hoffmann und Campe, Hamburg 2008, Buchvorstellung am 5. April in den Kammerspielen München.

Und sonst? Spielt und bloggt in der maedchenmannschaft.net.

Zum taz-Gespräch traf sich Susanne Klingner mit taz-Redakteurin Heide Oestreich im Dutschke-Haus in Berlin.

War das bei Ihnen so?

Bei uns selbst, ja. Aber eben auch bei fast allen unseren Freundinnen. Wir wollten erst über die Probleme unserer Generation schreiben. Und dabei haben wir bemerkt: Es hakt an Punkten, die der Feminismus auch schon lange bearbeitet.

Den Feminismus fanden Sie vorher auch altbacken?

Ja. Als etwa in der Schule in Gemeinschaftskunde über Quoten diskutiert wurde, war ich strikt dagegen: Niemals eine Quotenfrau sein, habe ich gedacht. Jetzt denke ich: Her mit der Quote!

Wie kommts?

Beim Berufseinstieg merkt man plötzlich: Die Chefs sind immer Männer. Die Frauen werden oft nicht so ernst genommen. Der Chef sagt dir: Du kannst alles werden. Du musst dich nur anstrengen. Aber wenn es um die Stellenbesetzung geht, dann bleibt man komischerweise wieder draußen. Darüber sprechen viele nicht. Wer sich beschwert, gilt als Opfer. Das haben wir verinnerlicht.

Tja, und dann?

Wenn man verstanden hat, dass man nicht zu blöd ist, sondern dass man als Mädchen halt anders sozialisiert wurde, sich zum Beispiel nicht so gut verkauft wie Männer, dann kann man sein Verhalten auch ändern. Wissen Sie, je mehr wir gelesen haben, desto wütender wurden wir. Und desto größer wurde die Lust, sich mal klar zu positionieren.

In den USA hat Jessica Valenti etwas Ähnliches mit dem Buch "Full Frontal Feminism" verfolgt. War das Ihr Vorbild?

Valenti hat uns den Kick gegeben, es wirklich Feminismus zu nennen. Das Problem ist, dass Feministinnen in den USA sich von Welle zu Welle fortbewegen können, sie sind jetzt schon bei der vierten Welle. In Deutschland ist das anders, der Feminismus ist zwischendurch völlig verschwunden.

Die wievielte Welle sind Sie?

Eigentlich auch die vierte. Aber schon die dritte Welle gab es ja hier kaum. In den USA hat sie mit den Riot Grrrls begonnen, hier ist sie im Girlietum versandet. Da gibt es noch ein paar Ladyfeste. Aber diese Freiräume für Frauen, das ist nicht mehr unser Ding.

Sondern?

Wir wollen lieber in der Gesellschaft laut sein. Wir wollen uns durchboxen. Sich als Frau wahrnehmen, abseits der Männer, das brauchen wir nicht mehr so sehr.

Und freuen sich die Männer darüber?

Die einen schon, die wollen auch gern Familie und Beruf miteinander vereinbaren und interessieren sich für unsere Themen. Die anderen, Männer und Frauen, greifen uns dagegen auch schon mal an. Auf unserem Blog kommen dann solche Kommentare: "Wie die schon aussehen, wie Männer!", "Ihr seid doch nur frustrierte Emanzen", usw. Menschen, die mich nur entfernt kennen, sind über meine "Entwicklung" befremdet. Obwohl ich mich gar nicht verändert habe. Aber beim Etikett Feminismus, da schnallen manche ab.

Die Schriftstellerin Thea Dorn hält den Begriff für unrettbar verloren.

Es kommt doch darauf an, wie man Menschen auf neue Art zeigen kann, dass Feminismus das Leben einfach besser machen kann. Erkenntnisprozesse machen doch immer Spaß. Und etwas benennen können heißt, dass man sich dann auch wehren kann. Und die Beziehungen werden besser, und der Sex auch.

Das hat die alte Frauenbewegung auch gewollt. Nur: Männer haben selten mitgemacht.

Aber heute ist es doch anders. Es unterdrücken ja nicht mehr die Männer die Frauen. Die Rollenzwänge sind eher latent. Da macht man eigentlich alles freiwillig. Aber plötzlich passt wundersamerweise alles besser, wenn alle sich traditionell verhalten. Das ist doch die Gefahr.

Das heißt, der Machtbegriff hat sich verändert. Ist diese Macht heute noch mit "Patriarchat" gut beschrieben?

Tja. Es geht jedenfalls nicht mehr darum, dass die Männer hier die Frauen beherrschen und die Frauen deshalb gegen die Männer schießen müssen. Man muss sich mehr gegen Strukturen wehren. Wenn etwa die Unternehmenskultur männlich ist und dann alle meinen, die Frauen seien nur zu blöd, um aufzusteigen, dann nützt es nichts, die Männer anzugreifen. Sondern man muss über die Kultur reden. Und wenn Frauen dann eher mal den Mund aufmachen, hat man schon etwas geändert.

Kommt man mit solcher Mikropolitik gegen Strukturen und Diskurse wie etwa die der Schönheitsindustrie an?

Das ist eine schwierige Frage. Weil gerade die Schönheit so ein Grenzgebiet ist. Alle wollen Körperlotion und noch bessere Mascara. Aber die Schönheitsindustrie will eben auch immer neue Märkte. Jetzt kann man schon das Fitzelchen Fett über dem Ellbogen absaugen lassen. Eine Stelle, die ich mir noch nie im Leben überhaupt angesehen habe. Um dagegen anzugehen, brauchen Frauen eine Art Kompetenz: Wo will ich mich wohlfühlen, und wo fange ich an, mich für ein Ideal zu quälen?

Schönheit muss leiden.

Nein, es gibt eine Grenze, die viele junge Frauen gar nicht mehr kennen. Fast keine Frau findet ihren Körper gut. Deshalb braucht es so dringend diese feministische Denke, mit der man sich mal davon frei machen kann. Und sich überlegen, ob das Selbstbewusstsein nicht auch noch von etwas anderem abhängen könnte als dem Superpo.

Schönheits-TV-Shows wie "The Swan" scheinen das Gegenteil zu beweisen.

Nein. Bei "The Swan" konnte man besonders gut beobachten, dass das Selbstbewusstsein dieser Frauen zuvor zerstört worden war. Da hat etwa der Vater oder die Schwester dauernd gesagt, du siehst unmöglich aus. Es ist doch klar, dass diese Frauen dann Probleme entwickeln. Ich finde es traurig, dass sie dann nicht lieber eine Psychotherapie machen.

Eine Operation ist halt einfacher als eine Psychotherapie.

Aber das ist ein feindlicher Angriff auf sich selbst.

Aber Frau Klingner, Sie als junge, gut aussehende Frau wollen den nicht so schönen Frauen erzählen, sie dürften keine Schönheits-OP machen?

Nein, das muss jede für sich entscheiden. Aber ich kann ihr sagen: Guck doch mal, wie gut es anderen Menschen geht, die auch nicht wahnsinnig super aussehen. Wie liebenswert und beliebt die sind. Und sie sollten sich fragen, ob es ihnen nach einer OP wirklich bessergehen würde oder ob sie dann nicht schon die nächste "Problemzone" ausfindig gemacht haben, die unbedingt wegmuss.

In Ihrem Buch geht es viel um Körperpolitik. Sie greifen auch die alte Pillenkritik wieder auf. Geht das heute noch?

Dass es mal eine feministische Pillenkritik gab, wissen junge Frauen nicht. Alle, alle nehmen die Pille. Das ist krass. Viele Nebenwirkungen machen sich ja erst später bemerkbar. Und immerhin wird man jahrelang hormonell fremdgesteuert. Wollen wir das wirklich? Das überlegen junge Frauen gar nicht mehr. Stattdessen riskieren sie, Aids zu bekommen, oder Geschlechtskrankheiten, oder auch dieses Virus, der Gebärmutterhalskrebs auslösen kann. All das könnte man vermeiden, wenn man einfach Kondome benutzen würde.

Sie grenzen sich stark von Alice Schwarzers PorNO-Kampagne ab. Also PorYES?

Wenn Sie so fragen: PorJEIN. Es müsste ein Qualitätssiegel für gute und fair produzierte Pornos geben. Alles muss freiwillig sein.

Wenn alle einverstanden sind, kann man gerne weiter Vergewaltigungen inszenieren?

Nein, keine Vergewaltigungen. Aber Dominanz sollte nicht automatisch mit tabu sein. Pornos sind ein Kunstprodukt. Sie sollten frei sein. Das heißt aber auch, dass man darüber diskutieren und sie kritisieren muss. Aber zuerst sollte es normaler werden, dass Frauen auch Pornos gucken. Dann wird sich das Gewerbe auch weiterentwickeln, weil sicher nicht so viele Frauen auf Unterwerfungspornos stehen.

Charlotte Roche ist bekennender Pornofan. Ist es in Ordnung, wenn sie gerade den Playboy mit einem Interview beehrt? Der hat ja nicht gerade den New Porn erfunden, sondern steht eher für die Vertierung der Frau als Bunny.

Ich hätte vielleicht nicht gerade dem Playboy ein Interview gegeben. Aber Charlotte Roche hat einfach eine andere Haltung. Diese ganze Kritik an der nackten Frau als Objekt findet sie nicht mehr so relevant. Wir sehen es anders. Aber deshalb kann Charlotte Roche trotzdem Feministin sein. Diese Aufspalterei machen wir nicht mit. Was mich eher nervt, ist, wenn Sarah Kuttner sich für den Playboy auszieht und sagt, das sei großer Rock n Roll.

Ist das nicht Rock n Roll?

Nö, wo denn? Sich in so etwas Sexistisches einfach unkritisch hineinzubegeben finde ich nicht so toll.

Erst Sexsymbol, dann geläuterte Mutter, das ist in der Popkultur im Moment das Modell. Auch das kritisieren Sie. Sind junge Frauen für den Mutterkult tatsächlich noch anfällig?

Das Problem ist, dass sie gar nicht im Kopf haben, dass es diesen Mythos gibt. Man ist ja heute die aufgebrezelte, coole Mutter mit Bugaboo-Kinderwagen und erklärt es zum Lifestyle, dass man aus dem krassen Arbeitsleben aussteigt. Dass man einfach für sich selbst sorgen können sollte, dieses urfeministische Anliegen, geht verloren.

Nicht nur das Thema "Zeit für Kinder" ist in der Arbeitswelt unerwünscht. Generell sind die Personalabteilungen eher allergisch gegen Frauen. Wie kann man damit umgehen?

Das wird sich nur langsam verändern. Es gibt drei Ansatzpunkte: Zum einen merkt die Wirtschaft: Sie braucht Frauen. Zum zweiten: die Männer. Wenn Männer in stärkerem Maße Elternzeit nehmen, schrumpft das Vorurteil gegen die Frauen.

Es bleiben doch viele Geschlechterklischees übrig, mit denen man Frauen diskriminieren kann.

Ja, von diesen Klischees lebt zum Beispiel die ganze Comedyszene. Und die Wissenschaft hat jahrelang versucht, Geschlechterunterschiede herauszuarbeiten. Das war nicht hilfreich. Aber jetzt geht es ja langsam eher darum, dass die Unterschiede innerhalb der Geschlechter größer sind als die zwischen den Geschlechtern. Der dritte Ansatzpunkt: Als Frau kann man viel machen, wenn man mutiger ist.

Also Individualpolitik.

Ja, aber man kann als Individuum auch politisch handeln. Gegen Strukturen angehen, sich vernetzen.

Ansprechpartner für die Politik sind normalerweise Verbände. In welchem Verband sind Sie denn Mitglied?

In keinem. Das ist nicht unbedingt nötig. Die größte Angst unserer Generation ist ja, von irgendeiner Organisation wie von einem Mob vereinnahmt zu werden.

Wenn Sie da alle nicht eintreten, wird es diese Organisationen bald nicht mehr geben.

Wenn eine kleine Gruppe feministisch gesinnter Frauen zu einem Thema richtig Stimmung macht, dann wird das auch gehört, da bin ich ganz sicher.

Es sei denn, sie nennen sich Feministinnen. Die werden prinzipiell nicht gehört.

Das wollen wir ja ändern. In den USA sagen auch alle Frauen in mächtigen Positionen, sie seien Feministinnen. Das soll hier auch zu einem normalen Wort werden. Wer für Demokratie und Menschenrechte ist, ist auch für Feminismus.

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10 Kommentare

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  • PL
    Pippi Langstrumpf

    Mensch, mensch, was für Kommentare zu einem TAZ-Artikel!

     

    Wer meint, Demokratie hätte mit Gleichberechtigung der Geschlechter auf ökonomischer, kultureller, und sonstiger gesellschaftlicher Ebene nichts zu tun, kann sich ja gerne mit Texten von Aristoteles beschäftigen und sich darin bestätigt fühlen.

     

    Aber zu behaupten, Demokratie sei vereinbar damit, dass sexistische, männlich chauvinistische Vorträge in jedem zugänglichen Internetportal veröffentlicht werden sollten, sollte sich einmal Fragen, ob er bei rassistischen und antisemitischen usw. Aussagen ebenso darauf bestehen würde mit Verweis auf demokratische Rechte.

     

    ---

    Zum Thema "Schönheits"-Terror an Frauen, hätte ich mir, besonders in der Taz, eine klarere Abgrenzung daran erhofft, statt ein "sollte man weniger schönen Frauen das etwa verbieten". Was für eine zynische Frage, wenn man bedenkt, dass Frauen von klein auf darauf abgerichtet werden zu gefallen. Eine Frau wird stets (meist von Männern) zu aller erst nach ihrem Aussehen beurteilt, eine Frau wird danach eingeordnet, ob sie "hübsch GENUG" für einen "weniger hübschen" Mann ist. Wie muss ich denn aussehen, um nicht "hübsch" GENUG zu sein? Aber wenn eine Frau einen Mann haben möchte, der nur einigermaßen ihrem Geschmack entspricht und den sie körperlich anziehend finden möchte, wird ihr sogleich vor den Latz geknallt, sie stelle zu hohe Ansprüche. Und wenn sie dann auch noch die Dreistigkeit besitzt, einen Mann zu wollen, der sie als gleichwertiges Subjekt wahrnimmt, statt als umherwandelndes Stück Fleisch, wird ihr vorgeworfen, sie sei unrealistisch und bräuche sich erst gar nicht nach einem Mann umschauen. Die Alten Rollenmuster finden sich ebenso wieder, wenn es um Geschlechtsverkehr geht und werden nur nach Belieben in neue Formen gegossen: Wenn eine Frau keinen Sex will, wenn der Mann will, ist sie frigide und wird mit dem Vorwurf des Liebesentzugs abgestraft, sie soll also hübsch und brav alle sexuellen Wünsche des Mannes erfüllen und sie sich am besten zu eigen machen - das gilt dann als sexuell emanzipiert. Andererseits ist sie Nymphomanin und stellt überhöhte Ansprüche, wenn sie will und der Mann nicht - aber klar, der Mann KANN ja nicht, die Frau braucht keine Erektion, also kann sie auch mal eben so die Beine breit machen.

    Ja, was für eine Unverschämtheit ist es auch, wenn eine Frau eine gleichwertige Partnerschaft möchte! Und das fängt bei der Gesellschaft an. Der Knackpunkt ist aber, dass man sich nicht mal eben auf die Gesellschaft berufen kann und weiter fröhlich seine reaktionären Töne singen kann, denn jedes Individuum ist eben Teil der Gesellschaft.

     

    Und zum Körperterror gegen Frauen sei abschließend gesagt, dass gesellschaftliche Normen darüber, wie Frauen auszusehen haben, ausschließlich von Männern festgelegt werden. Wer andere Bevölkerungsgruppen derart vermessen und schikanieren würde, wie es gegenwärtig bei Frauen der Fall ist, würde sich den Vorwurf des Rassismus kaum erwehren können. Und dies wäre gesellschaftlich verpöhnt. Anders bei Frauen: da heißt es, "die wollen es doch so". Ja genau, die wehren sich ja nicht, weil sie bei jedem kleinen Mucks gleich eins auf den Deckel kriegen, also sind sie selbst schuld. Wer sich "nicht wehrt" darf also mit Füßen getreten und schickaniert werden? Diese Argumentation erinnert mich stark an die Argumente FÜR Vergewaltiger - "sie hat's doch so gewollt, sonst hätt' sie sich gewehrt". Aber welche Frau kann sich heute schon noch trauen mit unrasierten Achseln oder Beinen in die Öffentlichkeit zu treten? Kaum eine, Männer hingegen schon, ohne jegliche Sanktionierung. Ist aber die Frau in diesem Fall selbst Schuld daran, dass sie von (haarigen) Männern in Grund und Boden gestampft wird und behandelt wird wie eine Aussätzige, um sie dafür zu bestrafen, dass sie sich nicht an die von männlicher Gesellschaft auferlegten Regeln hält?

     

    Und was tun Frauen dagegen? Sie tun genau das, worin Männer sie pressen: es wird mit Eifersüchteleien und Abwertung der Frauen, die anders aussehen versucht, die eigenen Minderwertigkeitsgefühle, die jahrelang von außen indoktriniert wurden, auf die jeweils andere zu projizieren, statt zu realisieren, dass der Versuch von einem "Schönheits"-IDEAL ins andere zu wechseln, nur ein Wechsel vom Regen in die Traufe wäre. Dabei wird genau mit dem Muster gearbeitet, das auch Männer anwenden, um Frauen zu schickanieren: "Das ist ja keine richtige Frau." Und das ohne zu bemerken, dass das Konzept einer RICHTIGEN Frau / eines RICHTIGEN Mannes die Geschlechter Mann und Frau vollkommen ad absurdum führen. Wenn nicht jede Frau eine richtige Frau ist, dann ist es keine. Seltsam ist aber schon, dass ausgerechnet in diesen Punkten, in denen es um zentrale Eigenschaften geht, die ein Individuum aufzuweisen HAT, auf das Geschlecht bezug genommen wird und nicht auf das Mensch-Sein.

    So gleichberechtigt scheint es also doch nicht herzugehen in unserer Gesellschaft, wenn einerseits heuchlerisch gefordert wird, Menschen dürfen nicht nach der Hautfarbe unterschieden werden, aber gleichzeitig die Trennlinie am Geschlecht gezogen wird, andererseits aber Kopftuch-tragende Frauen als unterdrückt brandmarkt, ohne die der eigenen Gesellschaft immanenten Unterdrückungsmechanismen sichtbar zu machen.

     

    In diesem Sinne wünsche ich allen Frauen und Männern und Transsexuellen (Ja, wo bleiben die eigentlich in dem ganzen Mann-Frau-Abgrenzungs-Rollenwahn?) ein terrorfreies, dialogreiches, von gegenseitigem Respekt geprägtes Leben - Und werft eure Fernseher aus dem Fenster! ;)

  • Z
    Zeitist

    @crin

    Geh auf Emma-online, verfass einen Kommentar zu bspw. David Reimer, nenn aktuelle Zahlen zur häuslichen Gewalt oder zitiere einfach Warren Farrell, schick ihn ab und schau was passiert.

    Wenn überhaupt etwas, dann dies:

     

    "Falls Sie das Forum nur nutzen wollen, um ihre persönliche Abneigung gegen Gleichberechtigung zu dokumentieren ohne inhaltlich auf den Sachverhalt einzugehen, sollten Sie sich an ein anderes Forum suchen."

    MfG

     

    Dialogfähig wie ein Zentralkomitee, denn es steht ein ganzer institutionalisierter Apparat von FunktionärInnen hinter all der Ideologie, der um seine Pfründe fürchtet.

  • C
    crln

    Um meinen Vorrednern zu widersprechen, die anführen, der Feminismus hätte nichts Demokratie und Menschenrechten zu tun, hier ein Zitat aus der Encyclopedia Britannica:

     

    »feminism: the belief in the social, economic, and political equality of the sexes«

  • T
    Taler

    "Wer für Demokratie und Menschenrechte ist, ist auch für Feminismus."

     

    Soll es geben.

     

    Nur hat ( entgegen dem hier nahe gelegten Umkehrschluss ) Feminismus nichts mit Demokratie und Menschenrechten zu tun.

  • Z
    Zeitist

    Und wer für den Frieden ist, der ist für den Sozialismus. Wer nicht, konsequenterweise ein Kriegstreiber und Provokatöör und Volksfeind... So simpel, so überzeugend, so sexy wie ein "Zentralkomitee" im Umgang mit Andersdenkenden.

  • J
    JonDo

    "Wer für Demokratie und Menschenrechte ist, ist auch für Feminismus."

     

    Das merkt man, wenn man bei maedchenmannschaft.de Kritik am Feminimus äußert - wird kommentar- und v.a. spurlos gelöscht.

     

    Echter Meinungspluralismus eben, wie man es vom Feminismus gewöhnt ist.

     

    Wenn es was gibt, was mit Demokratie ÜBERHAUPT nichts am Hut hat, dann ist es der Feminismus.

     

    Ab dafür.

  • W
    web

    ich arbeite seit über 20 jahren im krankenhaus, also einem traditionell frauengeprägtem arbeitsumfeld. mir fällt es immer schwer, wenn feminismus damit verbunden wird, daß frauen alles genauso gut wie die männer machen. sie machen es eigentlich anders - und DAS ist das besondere! meines erachtens liegt der sinn in der ergänzung und nicht in der gleichmacherei. und ob man so eine bewegung nun feminismus oder sonstwie nennt, ist letztendlich egal. na ja - der opener "der sex wird auch besser" ... ob man das inhaltlich so stehen lassen kann? ...

  • A
    anarc0a

    die liebe taz! dachte, die sei irgendwie "links"? und dann diese überschrift: "der sex wird auch besser"! ich finde, dass susanne klingners positionen kein bisschen links sind - aber ihre ausssagen gehen dann doch deutlich über ein lob des besseren sex der neuen aplhamädchen hinaus. wenn sogar die taz schon glaubt, ihre leser_innenschaft mit solch albernen überschriften anlocken zu müssen, damit sie sich auf harmlose feministsich angehauchte interviews einlässt ...

  • C
    claas

    Ich finde es, ehrlich gesagt, viel mutiger und spannender, wenn Charlotte Roche gegenüber den LeserInnen und RedakteurInnen vom "Playboy" für selbstbestimmtes Frausein wirbt, als wenn Sie das in taz, FR und überall sonstnoch dort tut, wo sich eh alle einig sind. Aber mit Vorurteilen schläft es sich halt leichter, Frau Klinger!

  • SL
    Stephanie Langen-Vorberg

    Feministisches?

     

    Mutter - Fräulein ? Wuchtbrumme ? Perle - Geliebte ? Barbie - Gemahlin ? Hausfrau ?Teenanger ? Muse ? Alphamädchen?

     

    - es gibt noch 100 andere Begriffe, die daraus resultieren, dass (fast) alle Frauen aller Jahrhunderte in regelmäßigen Abständen aus dem Jammer, dass sie sich "vollendet" finden, ausbrechen wollen, wenn Schminke und Mode und das Männergeld nicht mehr hinreichen - ... mit neuen Aktionen und Versuchen des Selbstverständnisses.

     

    Sie sind Manipulationsprodukte, weil sie mit dem dem, was ihnen anerzogen wurde, nicht gelernt, sich an Arbeitstechniken oder -themen zu orientieren, die körperliche oder geistige Erfüllung bieten, sondern nach dem T i c suchen, der es ihnen erspart, an sich selber zu arbeiten.

     

     

    Bis die Idee der Selbstbestimmung ankommt bei diesen Selbstsuchererinnen (auf Männer-Impulsen hin), dürfen sich die Männlein immer neu erregen lassen...