Interkulturelles Zentrum in Neukölln: Arabisch-deutsche Integration

Ein "deutsch-arabisches Zentrum für Bildung und Integration" soll in Neukölln entstehen. Sieben arabische Vereine und ein Träger tun sich zusammen. Das ist weder selbstverständlich noch leicht.

Bild: AP

Betreuung von straffälligen Jugendlichen und ihren Familien, Förder- und Freizeitangebote für SchülerInnen, Beratung und Kurse für Eltern, berufliche Qualifizierungsangebote - es ist nicht wenig, was sich das geplante "deutsch-arabische Zentrum für Bildung und Integration" zutraut. Im Blick sind dabei vor allem Flüchtlingsfamilien, die unter besonders großen Belastungen stehen.

Die Arbeit des Zentrums soll, auf mehrere Standorte verteilt, zunächst vor allem in Neukölln geleistet und später eventuell auf die Bezirke Mitte und Reinickendorf ausgeweitet werden. Das seien die "zentralen Wohngebiete" der arabischstämmigen Community in Berlin, erklärt Michael Piekara, Referent für Jugendhilfe beim Evangelischen Jugend- und Fürsorgewerk (EJF) Lazarus, der den Anstoß zur Zentrumsgründung gegeben hat. Der erfahrene evangelische Träger von Betreuungseinrichtungen und Sozialdiensten ist neben Berlin in fünf anderen Bundesländern tätig. Im brandenburgischen Frostenwalde betreibt Lazarus eine Jugendhilfeeinrichtung, die straffällig gewordenen Jugendlichen eine sozialpädagogisch betreute Alternative zur Aufbewahrung in der Untersuchungshaft bietet. Dass dort immer mehr Jugendliche arabischer Herkunft landen, hat mit zur Idee für das Zentrum geführt.

Gerade Jugendliche aus Flüchtlingsfamilien, so heißt es im Konzept des Projekts, litten oft unter einer dauerhaften Identitätskrise: "Sie sind weder in die deutsche Gesellschaft vollständig integriert und von ihr akzeptiert, noch fühlen sie sich ihrem Herkunftsland zugehörig." Schlechte Zukunftsperspektiven seien zudem "ein guter Nährboden für das Abdriften eines Teils dieser Generation in delinquentes und gewalttätiges Handeln". Das geplante Zentrum will deshalb "die Integration der Familien arabischer Herkunft und ihrer Kinder in die deutsche Gesellschaft" fördern und so zur Gewaltprävention beitragen. Fünf feste MitarbeiterInnen, Ehrenamtliche und Honorarkräfte sowie ein Finanzrahmen von rund 300.000 Euro für die drei- bis fünfjährige Pilotphase sind dafür derzeit im Gespräch.

"Das wird ein Riesending", freut sich Nader Khalil von der Deutsch-Arabischen Unabhängigen Gemeinde DAUG. Die DAUG, die im vergangenen Jahr für ein Projekt mit männlichen Jugendlichen arabischer Herkunft mit dem Berliner Integrationspreis ausgezeichnet wurde, ist einer von sieben Vereinen arabischstämmiger Berliner, die Lazarus als Kooperationspartner für das geplante deutsch-arabische Zentrum gewinnen konnte. Dazu gehören außerdem die Palästinensische Gemeinde Berlin, der Dachverband arabischer Vereine, die Arabische Kultur Gesellschaft, der Moabiter Verein al-Diwan, die "Deutsch-Libanesische Balagh-Vereinigung" sowie ein "Palästinensischer Bund Deutschland für Rückkehrrecht".

Das sind - abgesehen von den beiden Gemeinden - kaum Vereine mit hohem Bekanntheitsgrad. "Wir schließen nicht aus, dass zukünftig noch andere dazukommen", sagt Michael Piekara vom EJF Lazarus. Es gebe unter den arabischen Vereinen bisher nur wenige, die über konkrete Erfahrungen mit Integrationsprojekten verfügten. Auch da will das neue Projekt Abhilfe schaffen: Indem bisher ehrenamtlich Aktiven die Qualifizierung zu pädagogischen Fachkräften ermöglicht wird. So soll dem Mangel an Fachkräften mit arabischer Muttersprache entgegengewirkt werden. Bei den Beteiligten findet das Zustimmung: Das Konzept entspräche "genau dem aktuellen Bedarf", lobt etwa Walid Chahrour von der Palästinensischen Gemeinde. Im Juni soll das Projekt in der Werkstatt der Kulturen der Öffentlichkeit präsentiert werden.

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