Ende des Berliner Straßenkampfs: Dutschke kreuzt jetzt Springer

Große Ehrung 40 Jahre nach dem Attentat auf Rudi Dutschke: Sein Name steht jetzt auf einem Straßenschild in Berlin - und hat sogar Vorfahrt vor der Axel-Springer-Straße

Das neue deutsche Eck: Axel-Springer- und Rudi-Dutschke-Straße In Berlin-Kreuzberg. Bild: dpa

40 Jahre nach dem Attentat auf Rudi Dutschke erinnert in Berlin jetzt eine Straße an den früheren Studentenführer. Der Bezirksbürgermeister von Friedrichshain-Kreuzberg, Franz Schulz (Grüne), enthüllte am Mittwochabend unter großem Applaus von rund 500 Menschen das neue Straßenschild für die bundesweit erste Rudi-Dutschke-Straße. Schulz sagte, er verspüre "große Genugtuung". Zu der Zeremonie hatte sich auch die gesamte Familie Rudi Dutschkes vor dem Gebäude des Axel Springer Verlags eingefunden. Neben Witwe Gretchen Klotz-Dutschke und den drei Kindern Marek, Polly und Hosea-Che auch seine Brüder Manfred und Helmut aus Luckenwalde.

Marek Dutschke sagte, die Tatsache, dass "knapp 30 Jahre nach dem Tod seines Vaters eine Straße nach ihm benannt wurde, ist ein Zeichen dafür, dass seine Ideen weiterleben". Diese seien geprägt gewesen von "Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit". Die neue Ecke-Rudi-Dutschke/Axel-Springer-Straße nannte er einen Ort der "konstruktiven Geschichtsverarbeitung". Auch der grüne Europaabgeordnete Michael Cramer sagte, an diesem Ort gebe es jetzt "lebendige Geschichtswerkstatt" - "und dann hat die Dutschke-Straße auch noch Vorfahrt vor der Axel-Springer-Straße. Das ist ein toller Tag". Berlins Wirtschaftssenator Harald Wolf erklärte, Berlin habe jetzt eine "neue feine Adresse". Wolf zitierte den Tübinger Intellektuellen Walter Jens mit den Worten: "Wir ehren einen großen Nachkriegsdeutschen."

Dutschke war herausragende Symbolfigur der Protestbewegung von 1968. Der Mitbegründer der außerparlamentarischen Opposition (APO) war auch einer der Organisatoren der "Springer-Kampagne", bei der die Enteignung des Verlegers Axel Springer gefordert wurde. Am 11. April 1968 wurde Dutschke von dem jungen Hilfsarbeiter Josef Bachmann vor dem Büro des Sozialistischen Deutschen Studentenbund (SDS) am Berliner Kurfürstendamm niedergeschossen und lebensgefährlich verletzt. Am 24. Dezember 1979 erlag der damals 39-Jährige im dänischen Aarhus den Spätfolgen des Attentats.

Die Umbenennung eines Teils der Kochstraße in Rudi-Dutschke-Straße wurde von der "taz" Ende 2004 aus Anlass des 25. Todestages von Rudi Dutschke initiiert. Dreieinhalb Jahre später stößt nun die Rudi-Dutschke-Straße auf die Axel-Springer-Straße. Vergangene Woche hatte das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg die Klage einer Anwohnergemeinschaft, zu der die Axel Springer AG zählt, endgültig abgewiesen. Damit wurde der Weg zur Umbenennung nach langen Querelen und heftigem Widerstand von CDU und dem Springer-Konzern frei. Neben der Klage des Axel-Springer Verlags hatte zuvor die CDU mittels eines Bürgerbegehrens versucht, die Dutschke-Straße zu verhindern - und war damit gescheitert. Petra Pau (Linkspartei), Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags, sagte bezüglich des Volksbegehrens, bei dem 57 Prozent für die Dutschke-Straße stimmten: "Dieser Straßenname macht Mut für mehr Demokratie auch auf Bundesebene."

Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele erinnerte an die Geschichte des historischen Orts mit dem neuen Namen "Dutschke-Ecke-Springer". Nach dem Attantat auf Dutschke am 11. April 1968 hatten tausende Demonstranten, unter anderem Ströbele selbst, versucht, das Springer-Verlagsgebäude zu erstürmen. Sie riefen damals: "Bild schoss mit." Damals sei gegen die "Hintermänner der Kugeln" demonstriert worden. Viele sagten, so eine Hetze seitens der Springer-Blätter wie gegen Dutschke hätten sie noch nie erlebt. In Anlehnung an einen Ausruf Dutschkes bei der Beerdigung des RAF-Mitglieds Holger Meins betonte Ströbele: "Der Kampf geht weiter, auch gegen Medienmacht!"

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