Kommentar Kriegseinsätze: Glasklar für die Demokratie

Das Urteil des Verfassungsgerichts beendet die Debatte von der Union über einen Nationalen Sicherheitsrat. Künftig wird niemand wagen, Kriegseinsätze am Bundestag vorbeizubugsieren.

Wenn deutsche Militärflugzeuge in die Nähe eines Kriegsschauplatzes geschickt werden, ist dafür die Zustimmung des Bundestags erforderlich. Das stellte gestern das Bundesverfassungsgericht in einem Urteil klar. Und schlägt damit gleich zwei Fliegen mit einer Klappe.

So interveniert das Urteil mit ungeplanter Präzision in eine Debatte, die die CDU/CSU gerade vom Zaun gebrochen hat. An kurzfristigen Einsätzen von Nato-Eingreiftruppen, so forderten Unions-Experten, soll sich die Bundeswehr auch ohne vorherigen Parlamentsbeschluss beteiligen dürfen. Diesem Vorstoß hat Karlsruhe nun eine erfreulich deutliche Absage erteilt. Es sei schließlich der Sinn des Parlamentsvorbehalts, die Schaffung vollendeter Tatsachen zu verhindern - insbesondere bei gemeinsamen Aktionen der Nato. Die Debatte ist damit wohl zu Ende, kaum dass sie begonnen hat.

Gleichzeitig erhielt die alte rot-grüne Bundesregierung zu Recht einen Rüffel. 2004 hatte sie die abwegige Ausrede vertreten, beim Türkei-Einsatz der Awacs-Flugzeuge habe es sich um einen bloßen "Routineeinsatz" gehandelt. Dass die Schröder-Regierung damit nicht durchkommt, war abzusehen. Immerhin hatte die Türkei damals zum ersten Mal in der Nato-Geschichte die Partner offiziell um Konsultationen gebeten, in deren Folge dann der Awacs-Einsatz beschlossen wurde. Die Verstrickung deutscher Soldaten in einen Krieg hing nur noch davon ab, ob der damalige irakische Diktator Saddam Hussein die Türkei nun angreift oder nicht. Einen solchen Einsatz ohne den Bundestag zu beschließen war ein so durchsichtiges wie undemokratisches Manöver.

Auswirkungen auf derzeit laufende Bundeswehreinsätze hat das Urteil übrigens nicht. Die Missionen in Afghanistan oder im Kosovo verfügen schließlich alle über ein Bundestagsmandat. Auch das unter Rot-Grün geschaffene Parlamentsbeteiligungsgesetz muss jetzt höchstens leicht nachgebessert werden.

Trotzdem zeitigt das glasklare Urteil einen wichtigen Effekt: Es verändert das Klima. In Zukunft dürfte es nun niemand mehr wagen, Einsatzentscheidungen von dieser Tragweite am Parlament vorbeizubugsieren.

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Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).

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