EU stimmt für Register: Strengere Regeln für Lobbyisten

Das EU-Parlament stimmt für ein Register von Interessenvertretern bei allen EU-Institutionen. Doch das neue Gesetz räumt nicht mit allen Grauzonen auf.

"Wer sich nicht ins Register eintragen lässt, wird gebrandmarkt.": Jo Leinen, Europaabgeordneter der SPD Bild: dpa

BRÜSSEL taz Das Europaparlament hat sich gestern dafür ausgesprochen, strengere Verhaltensregeln für Lobbyisten einzuführen. Dem dänischen europakritischen Abgeordneten Jens-Peter Bonde, der sein Mandat nach knapp dreißig Jahren aufgibt, bot sich Gelegenheit für ein letztes Plädoyer für mehr Transparenz. Bonde war 1972 in die Politik gegangen, um Dänemarks EU-Beitritt zu verhindern. 1992 kämpfte seine "Juni-Bewegung" gegen die Einführung des Euro in Dänemark. Doch im Lauf der Jahre wandelte sich Bonde vom EU-Gegner zu einem kritischen und wachsamen Befürworter.

Auf 15.000 wird die Zahl der Interessenvertreter in Brüssel geschätzt. 5.000 von ihnen sind beim Europaparlament registriert. Die Abgeordneten wollen diese Registrierung auch für die anderen EU-Institutionen verbindlich machen. Die EU-Kommission hat nur ein freiwilliges Register. "Amerikanische Kongressmitglieder müssen über jede Tasse Kaffee Rechenschaft geben, die ihnen jemand bezahlt hat. Warum können wir nicht genauso verfahren?", grollte Bonde.

Vier Jahre dauerte es, bis der damalige Kommissionspräsident Jacques Santer auf Bondes Drängen das interne Telefonbuch der EU-Kommission veröffentlichte. Ebenso lange sperrte sich sein Nachfolger Romano Prodi, den Terminkalender der Kommissare ins Netz zu stellen. Barroso benannte auf Anfrage prompt die 3.094 Arbeitsgruppen der Kommission - rückte aber erst nach einem Jahr mit den Namen ihrer Berater heraus.

Doch eine Mehrheit aus Konservativen und Liberalen lehnte es gestern ab, diese Spezialisten künftig in die Lobbyliste aufzunehmen. Auch die Forderung der Grünen und Sozialdemokraten, dass hohe EU-Beamte eine "Abkühlungsphase" durchlaufen müssen, bevor sie sich in der Wirtschaft verdingen dürfen, fand keine Mehrheit. Doch es bleibt dabei, dass Lobbyisten künftig über ihre Finanzquellen Auskunft geben müssen.

Der Sozialdemokrat Jo Leinen hofft, dass die EU-Kommission die neuen strikten Regeln des Parlaments noch vor der Europawahl im Sommer 2009 übernimmt. Er setzt seine Hoffnungen in den zuständigen estnischen Kommissar Siim Kallas, der als Nordländer der Transparenz verpflichtet sei. "In der Brüsseler Lobbywelt wird sich die Spreu vom Weizen trennen. Wer sich nicht ins Register eintragen lässt, wird gebrandmarkt. Das wird sicher ein öffentliches Thema", zeigte sich Leinen gegenüber der taz überzeugt.

Jens-Peter Bonde wird als Chef der europakritischen Partei EU-Demokraten dennoch viel zu tun haben. Denn das neue Gesetz räumt nicht mit allen Grauzonen auf. So sind auf Drängen der Liberalen und Konservativen Anwälte, die "Rechtsauskünfte erteilen", von der Pflicht befreit, sich in die Lobbyistenliste einzutragen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.