piwik no script img

Teddies wieder made in GermanyRückzug aus China

Ein Kuscheltier für 9,90 Euro kann man nur in chinesischen Fabriken produzieren lassen. Dem Traditionshersteller Steiff ist das zu billig.

Von China aus drei Monate unterwegs: Steiff-Teddy Bild: ap

STUTTGART afp/taz China ist nicht das richtige Land für Kuschelbären: Zu weit weg, zu billig und letztlich auch zu riskant. Mit dieser Begründung will der Stofftier-Hersteller Steiff seine vor vier Jahren in das Schwellenland ausgelagerten Produktionslinien wieder nach Deutschland zurückholen.

"Für Premiumprodukte ist China einfach nicht kalkulierbar", sagte Steiff-Vorstandschef Martin Frechen den Stuttgarter Nachrichten vom Mittwoch. Der Transport der fertigen Schmusetiere mit dem Schiff dauert bis zu drei Monate - viel zu lange, um eine kurzfristig ansteigende Nachfrage wie etwa beim Modell Knut entsprechend schnell befriedigen zu können. Die Plüschversion des kleinen Eisbären war innerhalb weniger Monate 80.000 Mal bestellt worden.

Zudem seien die chinesischen Produktionsstätten nicht mit komplizierten Schnitten zurechtgekommen, so Frechen. Das Unternehmen rechne bei neuen Mitarbeitern und Fabriken mit einer Einarbeitungszeit von einem halben Jahr. "Da können die Leute schon wieder weg sein, weil eine Autofabrik nebenan ein wenig mehr zahlt."

Als sich im vergangenen Jahr Berichte häuften, dass Spielzeug aus China zum Teil lebensgefährliche Qualitätsmängel aufwies und zudem oft unter menschenunwürdigen Bedingungen hergestellt würde, war die Entscheidung schnell getroffen. "Schließlich sind wir in der glücklichen Lage, dass unsere Kunden für einen Steiff-Teddy gern ein paar Euro mehr bezahlen", sagte Frechen.

2004 hatte sich das noch ganz anders angehört. Damals befand sich das 1880 gegründete Traditionsunternehmen in einer Krise und suchte nach Einsparmöglichkeiten. In China produzierte Stofftiere anderer Hersteller waren ebenfalls süß und weich, aber viel billiger als die Teddys made in Germany. "Für 9,90 Euro können Sie in Deutschland nicht mal einen Schlüsselanhänger produzieren", betonte ein Firmensprecher damals.

Das Gros der Hersteller denkt immer noch so. Für die Spielzeugbranche ist der Schritt des 1880 gegründeten Traditionsunternehmens eine Entscheidung gegen den Trend: Laut dem Verband der Spielwarenindustrie stammten 2007 mehr als drei Viertel der bundesweit verkauften Puppen, Modellautos und Plüschtiere aus China. Der Importwert der Fernost-Ware lag bei 1,8 Milliarden Euro.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

3 Kommentare

 / 
  • Z
    ziyou

    xiaomage, in der Tat hat Steiff gar keine eigene Produktion in china gehabt. Steiff hat einfach eine chin. Firma den Auftrag weitergegeben. Also billig produzieren lassen und in Europa für teuers Geld Konsumenten verarscht.

    Nun tut Steiff so, als ob er für die dt. Wirtschaft einen wichtigen Beitrag leisten würde, obwohl Steiff nun in Tunisien produzieren läßt.

    Sowas von frech und verlogen. Aber die dt. Bevölkerung lassen sich oft für dumm (sorry!) verkaufen.

  • X
    xiaomage

    Deswegen verlagert Steiff seine Produktion auch - nein nicht nach Deutschland - sondern ins superdemokratische, High-Tech Arbeitsparadis TUNESIEN.

     

    Nein die Gründe sind sicher nicht die, dass in China jetzt ein neues Arbeitergesetz in Kraft ist, dass den Arbeitern Mindestlöhne, Urlaub und Abfindungen garantiert. Das Wanderarbeiter Arbeitsverträge abschliessen müssen und gerade ausländische Unternehmen strenger kontrolliert werden. Es ist sicher kein Grund, dass die Gehälter um 20% gestiegen sind.

     

    Einfach auf den China Bashing Zug aufsparen und sogar die größte Frechheit lässt sich beim deutschen Konsumenten als große Tat verkaufen!

  • T
    Thimwald

    Das ist doch mal eine richtige Entscheidung. Ich bin eh dafür das nicht mehr soviel an Produktionen ausgelagert wird, sondern wieder mehr in deutschen Landen! Das schafft Arbeitsplätze. Und damit steigt auch die Kaufkraft. Leider geht der Trend immer mehr hin zu billig, jeder möchte immer weniger zahlen für das gleiche Produkt von gleichbleibender Qualität, aber das funktioniert eben nicht. Wir sind so reich, jeder kann es sich leisten "mehr" zu bezahlen für gute Produkte, nur will das scheinbar niemand!