piwik no script img

Asylrecht ohne AsylProtest in der Festung

Initiativen demonstrieren am Samstag für ein "globales Recht auf Migration". 3.000 Teilnehmer erwartet.

Sie demonstrieren für die, die nicht kommen dürfen: Asylsuchende, die vor den Toren der "Festung Europa" warten, dagegen anrennen und abgewiesen werden. "Ein globales Recht auf Migration" verlangt das Bündnis de*fence, das von mehr als 100 linken Gruppen, Abgeordneten und Initiativen unterstützt wird. Am Samstag soll dieser Forderung mit einer Demonstration Nachdruck verliehen werden.

Offizieller Anlass für den Protest ist der 15. Jahrestag einer Änderung des Grundgesetzes, die der Bundestag am 26. Juni 1993 mit Zweidrittelmehrheit verabschiedete. Seitdem dürfen Menschen, die heimlich über ein Drittland in die Bundesrepublik einreisen und politisches Asyl beantragen, direkt zurückgeschickt werden. Als "faktische Abschaffung des Asylrechts" bezeichnet die Bundestagsabgeordnete Sevim Dagdelen (Linke) diese Regelung. Georg Classen, Sprecher des Berliner Flüchtlingsrats, zieht eine bittere Bilanz. Die Zahl der Asylanträge sei in Deutschland seit 1993 von rund 400.000 auf etwa 20.000 jährlich gesunken.

Mittlerweile wird die Flüchtlingspolitik weitgehend durch EU-Recht geregelt. Ein Flüchtling muss in dem EU-Land seinen Asylantrag stellen, in das er zuerst eingereist ist. Da Deutschland nicht an der EU-Außengrenze liegt, verlagert sich das Problem. "In Griechenland aber werden Flüchtlinge in der Regel zunächst inhaftiert", erklärt Jens-Uwe Thomas vom Flüchtlingsrat. Auch in Deutschland, so Thomas, würden Menschenrechte oft missachtet. Im November 2007 etwa schoben Berliner Behörden den Kosovo-Albaner Senad T. alleine nach Belgrad ab - obwohl er erst 16 war.

"Schimmel, kaputte Einrichtungen, kaltes Wasser, komplette Isolation" - so beschreibt Mohammed Sbaih sein Zuhause in Deutschland. Der palästinensische Flüchtling lebt seit über fünf Jahren im mittlerweile berüchtigten Flüchtlingsheim Katzhütte in Thüringen. Kollektivbestrafungen und Schikane seien dort an der Tagesordnung gewesen, so Sbaih. Im März begehrten Flüchtlinge auf, gründeten eine Initiative und forderten die Schließung ihres Heims. Über diesen Protest werden sie auf der Kundgebung berichten. Die Organisatoren erwarten 3.000 Teilnehmer aus ganz Deutschland.

Die Demo beginnt am Samstag um

14 Uhr auf dem Schlossplatz und führt

vorbei am Roten Rathaus durch die

Friedrichstraße bis zum Oranienplatz

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!