Streit über den Atomausstieg: SPD geschlossen, CDU gespalten

Der SPD-Grande Erhard Eppler könnte sich vorstellen, die Laufzeiten für AKW zu verlängern - und sorgt für Verwirrung: Will die SPD den Ausstieg aus dem Ausstieg?

Soll noch mehr Atommüll produziert werden, dessen Endlagerung nicht geklärt ist? Bild: ap

Die Energiepreise steigen. Weltweit wird über eine Renaissance der Atomenergie debattiert. Und in Deutschland schrumpft die einst überwältigende Mehrheit für den von Rot-Grün beschlossenen Atomausstieg. In dieser Situation hat Erhard Eppler kürzlich dem Spiegel gesagt, dass die SPD sich unter bestimmten Bedingungen für längere Laufzeiten für AKWs erwärmen könnte. Ausgerechnet Erhard Eppler, der vor 25 Jahren einer der Architekten der Wende der SPD zu einer Anti-Atompartei war. Seitdem köchelt die Debatte, ob die SPD vielleicht doch zum Ausstieg aus dem Atomausstieg bereit ist.

Dafür allerdings spricht wenig. Denn Eppler, der in der SPD keine Funktion mehr hat, hat zum einen weniger ein Angebot gemacht, als von der Union mehr Bewegung verlangt. Die Union, die den Ausstieg aus der Atomenergie ablehnt, solle der SPD anbieten, ein Nein zur Atomenergie ins Grundgesetz aufzunehmen. Damit würde der Ausstieg aus der Atomenergie zwar nicht irreversibel - aber doch weitaus härter als derzeit. Deshalb lehnt die Union diese Idee fast durchweg ab. Nur im Gegenzug, so Eppler, sei denkbar, dass die SPD längere Laufzeiten für einzelne AKWs akzeptiert. Einzelne Meiler länger laufen zu lassen und dafür andere vorzeitig vom Netz zu nehmen, ist schon derzeit möglich. Epplers Vorschlag beinhaltet also, die Gesamtlaufzeit der deutschen AKWs zu verlängern.

Dafür aber gibt es in der SPD keine Fürsprecher. Michael Müller, Staatsekretär im Umweltministerium, sagte der taz, dass es mit der SPD "keine Verlängerung der Gesamtrestlaufzeit" geben wird. Johannes Kahrs, Sprecher des rechten und als wirtschaftsfreundlich geltenden Seeheimer Kreises, sagte der taz: "Die SPD ist für den Atomausstieg. Das gilt für alle Flügel in der Partei." Die Union, so Kahrs, suggeriere, dass Laufzeitverlängerungen für AKWs zu niedrigeren Energiepreisen für die Verbraucher führen würden. Das sei eine "Scheinlösung", die mit der SPD nicht zu machen sei.

In der Tat ist unklar, wie längere AKW-Laufzeiten zu niedrigeren Strompreisen führen könnten. Eine Verlängerung der Laufzeit um acht Jahre würde, so die Schätzung von Experten, den Energiekonzernen 65 Milliarden Euro mehr Profit bescheren, die diese keineswegs ihren Kunden zugutekommen lassen würden. Außerdem würde noch mehr Atommüll anfallen, dessen Endlagerung noch immer ungeklärt ist. Es gibt weltweit derzeit kein einziges Endlager für Atommüll.

Der SPD-Bundestagabgeordnete Hermann Scheer sagte der taz, die Debatte zeige, dass die SPD geschlossen für den Atomausstieg eintritt. Die Hoffnung von einigen in Industrie und Union, "dass der Atomausstieg in der SPD weniger tief verankert ist als bei den Grünen, ist ein Irrtum".

Epplers Vorstoß, so die Einschätzung von SPD-Linken, sei der Versuch gewesen, die ohnehin anschwellende Debatte um längere Laufzeiten für AKWs zu steuern und mit eigenen Bedingungen zu verknüpfen. Dies sei ein taktischer Vorstoß gewesen, um den Ball ins Feld der Union zu spielen.

Das allerdings scheint gelungen. Während die SPD sich einmütig zum Atomausstieg bekennt, zeigen sich bei der Union Risse. Der baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) votierte im Tagesspiegel für längere Laufzeiten der AKWs und die Verankerung des Atomausstiegs im Grundgesetz. Mit Letzterem steht er im deutlichem Widerspruch zur Haltung der Union. Der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff widersprach Oettinger prompt. Und warnte die Union davor, 2009 einen Pro-Atom-Wahlkampf zu führen.

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