Kolumne Zauberland Sziget: Rummelplatz für Erwachsene

Der Ort, wo versoffene Iron Maiden-Anhänger neben verknoteten Yoga-Jüngern im Gras liegen und man sich sogar R.E.M. anhört - das Zauberland Sziget-Festival.

Für eine Woche gibt es auf dieser Erde ein Zauberland. Es gibt hat Hunderte von Flaggen und Tag für Tag neue Hymnen. Seine Sprache ist ein baylonisches Wirrwarr und die Kunstwerke, die es hervorbringt, sehen stark nach Werbung für Telefone und Zigaretten aus. Sie sind es auch.

Das Sziget hat begonnen - das Festival auf der Obudai-Insel mitten in der Donau und auch mitten in der ungarischen Hauptstadt Budapest. Zu betreten ist es nur über eine Brücke und wer diese paar Meter gegangen ist, findet sich in einer Parallelwelt wieder. die Sonne scheint auch über dem Rest der Welt, aber hier scheint sie heller. Wer morgens um Zehn die lampiongekrőnten Strassen entlang läuft kann hunderte Menschen bei dem Versuch beaobachten, ihre Beine bei Yoga-Übungen hinter den Kopf zu zwingen. Dazu ertőnt von einer Bühne esoterische Musik. Daneben liegen schwarz gekleidete Metaller besoffen im Gras. Gestern haben Iron Maiden gespielt.

Das Sziget ist ein Gemischtwarenladen. Hier gibt es für jeden etwas. Die Sex Pistols sind diesmal hier, ebenso wie R.E.M. und die Kaiser Chiefs. Auch Carl Cox ist gekommen, der DJ aus dem Vereinigten Kőnigreich. Und im Spiegelzelt halten ungarische Wissenschaftler Vorträge dazu, wie Homophobie entsteht. Abends werden hier Drag Queens an Stangen tanzen. Der Zellstoffverwerter Zewa hat ein eigenes Zelt aufgebaut. Wenn man dort eine - natürlich falsche - Mailadresse hinterlässt, bekommt man ein grünes Bändchen ums Handgelenk und darf ab dann auf Keramiktoiletten sein Geschäft verrichten. Das kann nachts um drei mal wichtig werden.

Das Sziget ist ein Rummelplatz. Aber für Erwachsene. Die Musik mag nicht immer den eigenen Geschmack treffen, aber man schaut sich vieles an, um es einmal gesehen zu haben. Wer mag beispielsweise schon R.E.M., die seit gefühlten einhundert Jahren immer dasselbe Album machen? Aber als Zirkusattraktion kann man sie sich schon mal geben.

Die Zeit ist langsam um, im Internet-Zelt darf man nur zwanzig Minuten bleiben. Draussen werden die olympischen Ringkämpfe auf einer Grossbildleinwand übertragen. Im Hintergrund ertönt dazu leise ein Didgeridoo. Es ruft zurück in das Zauberland unter dem ungarischen Augusthimmel. Und flüstert das Versprechen, dass die Magie anhalten wird. Eine Woche lang.

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