Kommentar Bankenkrise: Wer zuletzt lacht, ist Banker

Nicht die 700 Milliarden Dollar Steuergelder sind das Problem, sondern dass ein Finanzdiktator auf Zeit installiert werden soll, der über das Geld fast frei verfügen darf.

Die Vereinigten Staaten von Amerika stehen nicht nur vor einer Wirtschaftskrise, sondern auch vor einer Niederlage ihres gesamten politischen Systems. Beobachter schätzen, dass der Plan des Finanzministers Henry Paulson zur Rettung der Finanzindustrie diese Woche vom Kongress angenommen wird. Das wäre in der derzeitigen Form eine Ungeheuerlichkeit. Das Problem sind dabei nicht die 700 Milliarden Dollar Steuergelder, die an Banken und Versicherungen fließen sollen. Der Branche muss wirklich schnell geholfen werden.

Nein, das Problem sind die Bedingungen des Rettungspakets: Da wird ein Finanzdiktator auf Zeit installiert, nämlich der Finanzminister. Er kann mit den Milliarden tun, was er will, alles ist absichtlich vage formuliert. In dem Gesetzesvorschlag wird ausdrücklich jede Kontrolle durch das Parlament und jede Überprüfung durch Gerichte für ihn und die Banker ausgeschlossen. Zudem werden die eigentlichen Ursachen der Krise nicht angegangen - etwa mehr Transparenz bei Finanzprodukten und der Bilanzierung oder Regeln für den völlig ausgeuferten Handel mit Krediten.

Und das Beste: Ist das Programm beendet, steht der Staat mit leeren Händen da. Die USA schütten das Geld aus, ohne dafür Anteile an den empfangenden Firmen zu erwerben. Statt an diesem Skandal entfacht sich nun eine Diskussion, wie man verhindert, dass sich die Banker auch noch hohe Provisionen mit den Steuergeldern genehmigen. Das ist aber ein Nebenkriegsschauplatz. Da geht es nur um ein paar Millionen, so ärgerlich diese Riesenverdienste auch sein mögen.

Das Kernproblem gerät so in den Hintergrund: Wie lauten künftig die Regeln der Finanzwelt? Es drängt sich der Verdacht auf, dass die Abgeordneten die Millionengehälter aufgreifen, um ein paar unwichtige Details zum Vorzeigen auszuhandeln. Offensichtlich haben sie Angst, dem Finanzminister entgegenzutreten und dann im Wahlkampf als zögerlich zu wirken. Doch wenn die Politik jetzt nicht die Grundlagen der Finanzwirtschaft neu gestaltet, rettet sie mit ihrem Milliardenpaket nur die Banken. Die werden danach in etwa so weitermachen wie bisher - und über die Politik lachen.

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Reiner Metzger, geboren 1964, leitet taz am Wochenende zusammen mit Felix Zimmermann. In den Bereichen Politik, Gesellschaft und Sachkunde werden die Themen der vergangenen Woche analysiert und die Themen der kommenden Woche für die Leser idealerweise so vorbereitet, dass sie schon mal wissen, was an Wichtigem auf sie zukommt. Oder einfach Liebens-, Hassens- und Bedenkenswertes gedruckt. Von 2004 bis 2014 war er in der taz-Chefredaktion.

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