Wahlbetrug in Weißrussland: Keine Mandate für Lukaschenko-Kritiker

Bei den weißrussischen Parlamentswahlen gehen alle 110 Sitze an Vertreter der Regierung. Opposition spricht von einer Farce und demonstriert gegen Wahlbetrug.

Die Opposition wirft der Lukaschenko-Regierung Wahlbetrug vor. Bild: dpa

BERLIN taz "Auf zu den Wahlen!", hatte die staatliche weißrussische Tageszeitung Belarus Segodnja ihre Leser am vergangenen Wochenende aufgefordert und angemerkt, dass jede Stimme für die Zusammensetzung des neuen Parlaments entscheidend sei. Das Ergebnis der Wahlen vom Sonntag dürfte Weißrusslands autoritären Staatschef Alexander Lukaschenko freuen: Nach der Auszählung aller Wahlbezirke gewannen die Kandidaten der Opposition keinen Sitz. Insgesamt hatten sich 263 Kandidaten für die 110 Mandate beworben, darunter 70 Vertreter des oppositionellen Bündnisses Vereinigte demokratische Kräfte. Offiziellen Angaben zufolge lag die Wahlbeteiligung bei 75 Prozent.

Der Chef der oppositionellen Vereinigten Bürgerpartei, Anatoli Lebedko, sprach von einer Farce. Es habe keine Wahl in Weißrussland gegeben, sagte er und forderte die USA und die EU auf, das Ergebnis nicht anzuerkennen. Am Sonntagabend versammelten sich mehrere hundert Oppositionelle im Zentrum der Hauptstadt Minsk, um gegen Lukaschenko zu demonstrieren, dem sie Wahlbetrug vorwarfen.

Demgegenüber erklärte die Leiterin der Zentralen Wahlkommission, Lidia Jermoschina, die Wahl habe alle internationalen Standards erfüllt. Die Wähler hätten nicht für die Opposition gestimmt, weil sie Angst hätten, das zu verlieren, was sie besäßen. Anders als bei allen vorherigen Wahlen seit dem Machtantritt Lukaschenkos 1994 hatte sich das Regime dieses Mal darum bemüht, den Urnengang halbwegs demokratisch erscheinen zu lassen. So durften im Unterschied zu 2004 Kandidaten der Opposition antreten. Zudem wurden auch 400 Beobachter der OSZE zugelassen. Die kritisierte gestern die Wahl. Trotz geringfügiger Verbesserungen sei die Abstimmung insgesamt hinter den OSZE-Standards für demokratische Wahlen zurückgeblieben, hieß es.

Ansonsten spulte die Staatsmacht das sattsam bekannte Programm ab. So waren Oppositionelle in den staatlichen Medien im Wahlkampf so gut wie abwesend. Menschenrechtsorganisationen berichten, dass auf bestimmte Gruppen wie Studenten und Belegschaften von Betrieben, die kollektiv zur vorfristigen Stimmabgabe gekarrt wurden, Druck ausgeübt worden sei. Zudem sei die Opposition in den örtlichen Wahlkommissionen nicht vertreten gewesen.

Doch dies alles ficht Lukaschenko, der sich um eine Verbesserung der Beziehungen zum Westen bemüht, nicht an. Die dortigen Staaten sollten mal ein anderes Land finden, in dem so demokratisch abgestimmt werde wie in Weißrussland, ließ er wissen und drohte, jegliche Verhandlungen abzubrechen, sollten die westlichen Staaten die Wahlen nicht anerkennen.

Für Olga Karatsch, Leiterin der Nichtregierungsorganisation Nasch Dom in Witebsk, haben die Wahlen erneut gezeigt, dass Lukaschenko keinen einzigen Schritt hin zu mehr Demokratie zu tun bereit sei. Denn das sei ein Zeichen von Schwäche. Ab jetzt rechnet sie wieder mit verstärkten Repressionen gegen die Opposition. "Bis es zu neuen Verhaftungen kommt", so Karatsch, "ist es nur eine Frage der Zeit."

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