Luftangriff in Afghanistan: USA räumen Tod von 33 Zivilisten ein

Ein US-Luftangriff in Afghanistan forderte laut einer Untersuchung 33 zivile Opfer. Das US-Militär entschuldigte sich - und betonte, nicht gegen Kriegsrecht verstoßen zu haben.

US-Soldaten in Afghanistan Bild: dpa

BERLIN taz Nach einer neuen Untersuchung hat das US-Verteidigungsministerium eine höhere Zahl ziviler Opfer eingeräumt, die bei einem US-Bombenangriff in Westafghanistan vor sechs Wochen ums Leben gekommen sind. Nach einer ersten Untersuchung des Angriffs auf den Ort Aisabad in der Provinz Herat hatte das US-Militär von "fünf bis sieben" getöteten Zivilisten und zahlreichen toten Rebellen gesprochen. Jetzt räumt das Pentagon 33 getötete Zivilisten ein. Am Mittwoch wurden in Washington neue Untersuchungsergebnisse veröffentlicht. Demnach wurden auch 22 Aufständische getötet.

Die neue Untersuchung basiert unter anderem auf der Auswertung später aufgetauchter Videoaufnahmen einer Beerdigung am Tag nach dem Angriff. Demnach konnten acht Männer, drei Frauen und zwölf Kinder identifiziert werden. Auch wurden Überlebende interviewt.

Afghanistans Regierung und die UN hatten zunächst von 90 getöteten Zivilisten gesprochen. Dies beruhe auf widersprüchlichen Aussagen von Dorfbewohnern, behauptet jetzt die US-Untersuchung. Der Angriff hatte in Afghanistan große Empörung ausgelöst.

Das US-Militär entschuldigte sich jetzt für die zivilen Opfer. Brigadegeneral Michael Callan, der die Untersuchung leitete, betonte jedoch laut AFP, die Truppen hätten nicht gegen das Kriegsrecht verstoßen. Sie hätten vielmehr "auf der Grundlage glaubhafter Geheimdienstinformationen, in Selbstverteidigung und im Einklang mit dem Kriegsrecht" gehandelt. Zwar nutzen die Taliban Zivilisten als menschliche Schutzschilde, doch empfinden wegen der steigenden Zahl ziviler Opfer durch US- und Nato-Angriffe immer mehr Afghanen die ausländischen Truppen als rücksichtslose Besatzer. Diese müssten den Trend merklich umkehren, fordert die afghanische Regierung schon seit langem vergeblich.

Laut UN starben in den ersten acht Monaten 2008 exakt 800 Zivilisten durch die Taliban und ihre Verbündeten, weitere 577 dagegen durch die ausländischen Truppen. Laut Human Rights Watch verdreifachte sich die Zahl ziviler Opfer von US-Bombenangriffen allein von 2006 auf 2007.

Am Mittwoch kam es möglicherweise zu neuen Zivilopfern. Nach US-Angaben wurde in der Provinz Urusgan ein Dutzend Aufständische erschossen, als eine Patrouille angegriffen wurde. Dorfbewohner sprachen laut AFP hingegen von zehn getöteten Zivilisten. Die Behörden äußerten sich zunächst nicht.

Bei einem Treffen der Nato-Verteidigungsminister in Budapest forderte der afghanische Minister Abdul Rahim Wardak gestern mehr Hilfe gegen den Drogenanbau in seinem Land. Bisher ist für dessen Bekämpfung Afghanistan zuständig. Die USA, Großbritannien, Kanada und die Niederlande fordern ebenfalls den Einsatz der Nato-geführten Isaf-Truppe gegen Drogenhändler und -labors. Deutschland, Spanien und Italien lehnen das ab. Während die Afghanen mit dem grassierenden Problem offensichtlich überfordert sind, könnte ein Nato-Einsatz in diesem Bereich zu noch mehr zivilen Opfern führen.

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